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1874 geboren, er besuchte bis zum 28. Februar 1889 die Schule zu W.,
dem Wohnorte des Angeklagten, nahm auch vom Dezember 1888 bis zum
März 1889 an dem Konfirmandenunterricht bei dem für W. zuständigen
Prediger zu E. teil, und sollte am Palmsonntag 1889 konfirmiert werden.
Seine Führung in der Schule war eine lobenswerte, in Folge eines
außerhalb derselben begangenen groben Vergehens gegen die Sittlichkeit
wurde er aber von dem gedachten Prediger von dem ferneren Konfirmanden—
unterricht und von der Konfirmation zu Palmsonntag 1888 zurückgewiesen.
Mit Vorwissen des Predigers zu E. und auf Grund eines von demselben auf
Antrag des Angeklagten ausgestellten Attestes brachte letzterer seinen Sohn
nach T. in die Schule, welche er vom 12. März bis zu seiner dort am
14. April in der lutherischen Kirche erfolgten Konfirmation unter guter
Führung besuchte. Von der daselbst beabsichtigten Konfirmation hat der
Prediger zu E. Mitteilung nicht erhalten. Der C. W. kehrte sodann in
das elterliche Haus zurück, im August 1889 forderte der Prediger E. den
Angeklagten auf, ihn als noch schulpflichtig in die Schule zu schicken, der
Angeklagte lehnte dies jedoch mit Berufung auf die stattgehabte Konfir-
mation ab. Es ist weiter angenommen, daß der Angeklagte bei dieser
Weigerung sich nicht in bona fiale befunden habe, denn es spreche gegen
ihn schon der Umstand, daß er die Konfirmation seines Sohnes heimlich
betrieb, indem er bei Erbittung des für den Schulbesuch in T. nötigen
Attestes dem Prediger zu E. lediglich mitteilte, daß er ihn dorthin zum
Schulbesuch schicken wolle, seine weitergehende Absicht aber verheimlichte.
Nachdem hierzu die Aufforderung des Predigers zum Schulbesuch hinzu-
gekommen sei, habe ein guter Glaube bei ihm nicht mehr obwalten
können.
Angeklagter ist in Grund dieser Feststellungen in dem angefochtenen
Urteil wegen Schulversäumnis seines Sohnes in der Zeit nach der Auf-
forderung an 214 Tagen in Grund der § 4 und 5 des Regulativs zur
Mecklenburgischen Verordnung vom 19. Juni 1876, betreffend die Be-
handlung der Schulversäumnisse in den Domanialschulen (Reg.-Blatt von
1876, S. 106 flg.) zu einer Geldstrafe von 12 Mark aushülflich 4
Tagen Haft und in die Kosten des Verfahrens verurteilt.
2. Nach § 4 des Regulativs vom 19. Juni 1876, wird „gegen
die nicht genügend entschuldigten Schulversäumnisse von dem zuständigen
Amte im Verwaltungswege mit nicht gerichtlichen Strafen (von 10 bis
50 Pf., im Wiederholungsfall von 1 Mk. für jeden versäumten Schultag)
eingeschritten“, nach § 5 haften für die Schulversäumnisstrafen die Eltern
und sonstigen Personen, deren Aufsicht die Kinder untergeben sind, und
zu deren Hausstand sie gehören. Die Bestimmung, daß im Verwaltungs-
wege mit nicht gerichtlichen Strafen vorzugehen sei, ist, da es sich nicht
um eine disziplinäre Strafandrohung handelt durch die 88 453 ff. der
Str.-Pr.-O. abgeändert, und daher mit Recht auf Antrag des Angeklagten
das gerichtliche Verfahren gegenüber den vom Amte zu G. gegen ihn
unterm 3. und 18. September 1889 ergangenen Strafverfügungen er-
öffnet, vergleiche auch Gösch und von Düring, Mecklenbg.-Schwerinsches
Landesstrafrecht S. 74 f., Note 19 zu dem Regulativ.