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die Natur des Parochialrechtes, als einer nur dem Interesse der äußeren
kirchlichen Ordnung dienenden Institution, führt zu der gleichen Auffassung
bezüglich der Konfirmation, vergl. Richter, Kirchenrecht, 8. Aufl., § 159,
Meyer, Kirchenrecht, 3. Aufl., § 60, besonders Note 7, Siggelkow l. c.
5* 332. Eine andere Frage ist es, ob die dem Mecklenb. Rechte zuwider
durch den Prediger zu T. vorgenommene Konfirmation auch die Wirkung
hatte, die in der Zurückweisung des C. W. stillschweigend mitenthaltene
Anordnung des zugleich die Schulaufsicht führenden Geistlichen zu E.,
daß seine Schulpflicht fortzudauern habe, zu beseitigen, und diese Frage
muß trotz des Wortlauts der Schulordnung vom 7. März 1823, wonach.
mit der Konfirmation das Ende der Schulpflicht eintritt, verneint werden.
Denn es ist in dem angefochtenen Urteil festgestellt, daß der Angeklagte
schon, als er seinen Sohn nach T. in die Schule sandte, die Absicht hatte,
dort seine Konfirmation zu erlangen, und daß er diese Absicht bei Er-
bittung eines Attestes zum Zwecke des Schulbesuchs daselbst dem zustän-
digen Geistlichen verschwieg, er handelte damit zur Umgehung des ein-
heimischen Rechts, welches die Konfirmation außerhalb des Wohnortes des.
Vaters nur mit Zustimmung des kompetenten Predigers oder mit landes-
herrlicher Dispensation oder endlich nach vorgängigem einjährigem Auf-
enthalt an dem Orte der Konfirmation, gestattet. Diesem zur Umgehung
des Gesetzes vom Angeklagten herbeigeführten kirchlichen Akte kann die
regelmäßige Wirkung der Konfirmation, die Befreiung des C. W. von
der Schulpflicht nicht zugeschrieben werden, derselbe ist mithin noch zum
Besuch der Schule gehalten.
5. Nach § 4 des Regulativs vom 19. Juni 1876 findet die Be-
strafung des Vaters wegen „nicht genügend entschuldigter Schulversäum-
nisse“ seiner Kinder, mithin nicht bloß wegen bewußt rechtswidriger,
sondern auch wegen fahrlässiger Verletzung seiner Pflicht, dieselben zum
Schulbesuch anzuhalten statt, und kann es nach den Feststellungen des-
Vorerkenntnisses keinem Bedenken unterliegen, die zur Frage stehenden
Schulversäumnisse für nicht genügend entschuldigt zu halten, selbst wenn
der Angeklagte die Schulpflicht seines Sohnes für beendet gehalten
haben sollte.
Danach und da auch sonst keine Rechtsverletzungen in dem ange-
fochtenen Erkenntnisse erkennbar sind, war die Revision des Angeklagten.
unter Verurteilung desselben in die Kosten der Instanz (§ 505, Abs. 1
der Str.-Pr.-O.) als unbegründet zurückzuweisen.
(Vgl. Nr. 27.)
94. Rundschreiben des Unterrichts-Ministerium vom 26. April 1890,
betr. Teilnahme der Schulkinder am kirchlichen Sängerchor.
Nach einer beim Oberkirchenrat eingegangenen Anzeige des Pastors.
W. in K. haben mehrere Mitglieder der dortigen Kirchengemeinde sich
geweigert, ihre schulpflichtigen Kinder der Aufforderung des Küsters und
Organisten gemäß in den kirchlichen Sängerchor eintreten und an den
Funktionen des letzteren im öffentlichen Gottesdienste und bei Begräbnissen