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II. Schusunterricht.
110. Fortdauer der Schulpflichtigkeit bis zur Konfirmation. Behauptung,
daß die Konfirmation ohne Grund versagt worden sei.
(vgl. Meckl. Zeitschrift f. Rechtspfl. p. Bd. XIX. S. 127.)
Aus den Gründen des Urteils vom 17. November 1900:
—:— Angeklagter (der auf Grund der §8 15, 16 der V. O. vom
3. April 1879 zur Modifikation und Ergänzung der „Patentverordnung
vom 21. Juli 1821 verurteilt worden ist, weil er seine Tochter in der
Zeit vom 23. April bis zum 2. Mai 1900 vom Besuche der Schule zu-
rückgehalten hat) ist mit seiner Behauptung, seine Tochter sei zu Ostern
d. J. mit Unrecht von der Konfirmation ausgeschlossen, nicht zu hören.
Die Entscheidung darüber, ob ein Kind denjenigen Grad der Reife und
dasjenige Maß von Kenntnissen erlangt hat, welche für die Zulassung zur
Konfirmation zu fordern sind, steht dem zuständigen Geistlichen zu; vagl.
die Nachweisungen in der Meckl. Zeitschrift 9 S. 342 Beschwerden über
grundlos erfolgte Zurückweisungen von der Konfirmation führen demnach.
an die dem Geistlichen vorgesetzten Instanzen des Kirchenregiments; da-
gegen ist, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, für richterliche
Prüfung insoweit kein Raum.
III. Begriff der Schulversäumnisse. Pflicht der Schüler zur Teilnahme
am Kirchenchor und zum Besuch des Gottesdienstes.
I. Aus dem Urteil des Landgerichts Nostock
vom 20. Februar 190 1.
Gründe: Angeklagter, der Bäcker Heinrich Prödel aus Ribnitz,
geb. 23. Januar 1863 zu Güstrow, lutherisch, nicht vorbestraft, hat gegen
die ihm am 1. Dezember 1900 zugestellte Strafverfügung des Magistrats.
zu Ribnitz über 1,20 Mk. aushülflich 1 Tag Haft wegen Uebertretung
des § 24 der Ribnitzer Schulordnung am 8. Dezember 1900 schriftlich
beim Großherzoglichen Amtsgericht Nibnitz auf gerichtliche Entscheidung
angetragen und gegen das daraufhin am 23. Dezember 1900 vom Groß-
herzoglichen Schöffengericht Ribnitz wider ihn erlassene Urteil, durch welches
er wegen obengenannter Uebertretung in eine Geldstrafe von 1 Mk. und
zur Tragung der Kosten des Verfahrens verurteilt war, am gleichen Tage
zu Protokoll des Gerichtsschreibers Berufung eingelegt.
Angeklagter hat geständigermaßen am Sonntag, 18. November 1900,
seinen Sohn Wilhelm, welcher die erste Klasse der Ribnitzer Stadtschule
besucht, von der Teilnahme am Chorgesang in der Kirche zu Ribnitz ab-
gehalten, obwohl der Knabe schon am 3. und 4. November 1900 den
Chorgesang versäumt hatte, und Angeklagter deswegen verwarnt worden
war. Er hat ferner dem Magistrat gegenüber, welcher ihn zur Erfüllung.
dieser Verpflichtung ermahnt hat, erklärt, daß er seinen Sohn nicht zu
Chorgesängen gehen lassen werde. Der Angeklagte wohnt auf Ribnitzer
Stadtgebiet, allerdings etwa ½ Stunde vor der Stadt, und seine Kinder
sind in Ribnitz schulpflichtig. Sein Sohn Wilhelm hat allerdings häu-