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Für diesen entscheidenden Punkt ergiebt sich auch nichts aus dem
in dem Berufungsurteile angeführten Zirkular des Unterrichtsministeriums
vom 26. April 1890, nach welchem es „als eine mit der Schulpflicht
zusammenhängende Landesordnung gelten muß, daß Sängerchöre aus den
dazu geeigneten Schulknaben gebildet werden und in Gottesdiensten und
bei kirchlichen Handlungen mitwirken müssen“, und nach welchem es im
Falle der Weigerung von Seiten der Eltern den Schulbehörden zusteht,
„nach Befinden mit Bedeutung, Verwarnung und nötigenfalls mit Zwangs-
mitteln einzuschreiten.“ Die Frage, ob die Verweigerung der Teilnahme
am Kirchenchor eine Schulversäumnis im Sinne der Ribnitzer Schulord-
nung ist, muß aber nach dem Inhalt und Zusammenhang dieser Schul-
ordnung in Uebereinstimmung mit der Revisionsbegründung verneint werden.
Die am 9. Dezember 1853 landesherrlich bestätigte revidierte Schul-
ordnung für die Stadtschule in Ribnitz behandelt in einem ersten „Die
Stadtschule“ überschriebenen Abschnitt zunächst den Umkreis der schul-
pflichtigen Personen: „zur Schulgemeinde gehören die sämtlichen zur
Stadtkirche eingepfarrten Einwohner der Stadt — — den isreelitischen
Einwohnern ist die Benutzung der Schule gestattet“; darnach folgen Be-
stimmungen über die Nebenschulen, über Beginn und Ende der Schulpflicht,
über die beiden Abteilungen der Schule: die Bürger= und die Elementar-
schule, über die Zeit und die Zahl der Unterrichtsstunden, über die Ferien.
Es bestimmt dann der § 16: außerhalb der Ferien darf die Schule
nur wegen Krankheit und nach zuvor eingeholter Erlaubnis versäumt
werden. Die folgenden Paragraphen handeln näher von der Schulver-
säumnis im Falle der Krankheit und von der Erlaubniserteilung zu
Schulversäumnissen: Erlaubnis zu Schulversäumnissen ist auf einzelne
Tage bei dem Klassenlehrer nachzusuchen. Nach den §8§ 20—23 wird in
jeder Klasse von dem Lehrer ein Verzeichnis der Versäumnisse geführt;
von jedem Klassenlehrer wird erwartet, daß er sich die Beförderung eines
regelmäßigen Schulbesuchs angelegen sein lasse; der Rektor übergiebt die
Zusammenstellung der Versäumnisse an den Schulvorstand, und der Schul-
vorstand versucht — vorzugsweise durch seine geistlichen Mitglieder —
durch Ermahnung und Warnung der Wiederholung unerlaubter Schul-
versäumnisse vorzubeugen.
Nach & 24 belegt, wenn die Bemühungen des Schulvorstandes.
fruchtlos bleiben, der Magistrat die schuldigen Eltern mit Schulversäum-
nisstrafen.
Darauf folgen in dem ersten Abschnitte noch Vorschriften über
Versetzungen, die öffentliche Prüfung, das Schulhaus, die Schulkasse und
das Schulgeld.
Der zweite Abschnitt der Schulordnung ist überschrieben: „Die
Lehrer“". Nach 8§ 41 sollen die Lehrer nicht allein die Abhaltung der
Lehrstunden, sondern auch die Erziehung der Jugend zu einem christlichen
Volke als ihre Aufgabe betrachten und alles, was darauf abzweckt, daß
die Schulzucht sich auch außerhalb der Lehrstunden wirksam erweise, als
ihre Amtspflicht ansehen: „dazu gehört der regelmäßige Besuch des sonn-
täglichen Gottesdienstes mit den größeren Schulkindern“. Nach § 51 ist