— 519 —
Uebereinstimmung mit der ursprünglichen Anklage die Annahme einer
durch wissentliche Ueberschreitung des Züchtigungsrechts verursachten, also
vorsätzlichen Körperverletzung nahe gelegen sein, zum Begriffe der fahr—
lässigen Verschuldung genügt aber die Möglichkeit, daß der Erfolg als
eine Wirkung der eigenen Handlung hätte erkannt werden können, und
nach dieser Richtung erscheint die Feststellung ausreichend, ist auch in—
soweit von der Revision nicht angegriffen; die oben erwähnte Zusammen—
fassung und Formulierung der Beweisergebnisse kann, im Zusammen-
halte mit den vorausgegangenen Einzelheiten nicht anders verstanden
werden, als dahin, daß das Instanzgericht damit ausdrücken wollte und
ausgedrückt hat, der Angeklagte habe zwar die Grenzen des ihm zu-
stehenden Züchtigungsrechts nicht vorsätzlich überschritten, bei Anwendung
derjenigen Sorgfalt und Aufmerksamkeit aber, welche von ihm als Lehrer
besonders zu verlangen gewesen, hätte er sich dieser Ueberschreitung be-
wußt werden. müssen, also auch bewußt werden können, und hätte die
eingetretene Körperverletzung als Folge seiner Handlung voraussehen
können. Diese Beweisannahme ist auch nicht prozessual unbegründet ge-
blieben, denn es ist auf das Alter des Knaben, auf die Zahl der Schläge,
die Heftigkeit, mit der sie geführt worden, und die mechanischen Ein-
wirkungen, welche die Schläge direkt auf die Oberfläche der Haut und
indirekt auf den Gesundheitszustand des Knaben gehabt haben, Bezug
genommen.
Weiter stellt die Revision den Satz auf, daß der Lehrer dolose
Körperverletzung durch Mißhandlung und Gesundheitsbeschädigung, fahr-
lässige Körperverletzung überall nur durch Gesundheitsbeschädigung begehen
könne, insoweit hiermit hat gesagt werden wollen, daß das Instanzgericht
vorliegend in unzulässiger Weise eine durch Mißhandlung verübte fahr-
lässige Körperverletzung angenommen habe, ist dem Beschwerdeführer ent-
gegenzuhalten, das das Urteil zwar eine Mißhandlung als direkte eigene
Handlung des Angeklagten, daneben aber eine wirkliche Gesundheits-
beschädigung als Folge dieser Handlung festgestellt hat. Endlich wird
noch die Annahme des Instanzgerichts, daß der Angeklagte als Lehrer
die Berufspflicht gehabt habe, darauf zu sehen, daß die Züchtigung nicht
in einer Weise verschärft werde, welche sie den Charakter einer solchen
einbüßen lasse, mit dem Bemerken bestritten, daß dies eine, jedem Menschen
obliegende, nicht aber eine Berufspflicht des Lehrers sei. Auch dies ist
rechtsirrig. Wenn der Staat dem Lehrer mit Rücksicht auf seinen Beruf
und seine amtliche Stellung, sowie im Oinblicke auf die Zwecke, welche
in der Schule verfolgt werden, ausnahmsweise das Recht gewährt, in die
körperliche Integrität Anderer gewaltsam einzugreifen, so darf verlangt
werden, daß der Lehrer bei Ausübung dieses Rechts gewissenhaft prüft,
ob im einzelnen Falle die Züchtigung auch innerhalb derjenigen Grenzen
bleibt, welche durch Verfolgung der Schulzwecke geboten erscheint; die
Auffassung des Instanzgerichts entspricht ganz derjenigen Ausführung,
welche das Reichsgericht seinem Urteile vom 21. November 1881 (Ent-
scheidungen Band 5, Seite 193) zu Grunde gelegt hat.
Die prozessualen Beschwerden sind völlig haltlos. Welcher Beweis-