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in Betracht, daß, wie Beklagter behauptet, die Schüler in ihrem Turn-
verein ohne Aufsicht turnen durften, denn hier handelt es sich nicht um
einen freiwillig geübten Sport, sondern um einen Teil des Schulunter-
richts und der Beklagte war dazu da, ihn zu erteilen und die Ausfsicht
zu führen.
Es kommt dazu, daß die Feststellung der ordnungsmäßigen Be-
festigung der Reckstangen eine sehr einfache ist. Der Beklagte stand so,
daß er die Reckständer von ihrer Rückseite übersah; ein bloßes Oinsehen,
ein aufmerksames Entlanggleiten des Blickes über die Rückseite der
Reckständer ließ erkennen, ob Bolzen und Verstecker ordnungsmäßig an-
gebracht waren. Da bei einem Nichtinordnungsein der Turngeräte die
Gesundheit der der Obhut des Lehrers unterstellten Schüler in ernster
Gefahr ist, kann man die ausdrückliche Feststellung, ob bei Beginn der
Uebung die Turngeräte in gehöriger Verfassung aufgestellt sind, nicht als.
eine Forderung übertriebener Pedanterie ansehen, sondern man muß sie
als eine selbstverständliche Pflicht bezeichnen. Auf diesem Standpunkte
stehen auch die Sachverständigen, und ihnen schließt sich das Gericht an.
Verwiesen mag auch noch werden auf Weyl, welcher die Prüfungspflicht
der Aufsichtsperson beim Turnunterricht ausdrücklich auf die jedesmalige
Aufstellung und Befestigung der Turngeräte für die einzelne Turnstunde
erstrect — das Gleiche mag für die einzelne Turnübung gelten.
— „— Wenn somit die Vorschrift des § 254 B. G. B. zur Anwendung
kommen muß, weil neben dem Verschulden des Lehrers auch ein Ver-
schulden des verunglückten Schülers bei der Entstehung des Schadens
mitgewirkt hat, so kann das beiderseitige Verschulden im wesentlichen
als auf gleicher Stufe stehend angesehen werden. So gering die Fahr-
lässigkeit des Lehrers ist, der sich dabei beruhigte, daß er eine leichte
Arbeit den Händen zweier zuverlässiger Primaner übergeben hatte, so
bleibt doch zu beachten, daß der Beklagte kraft seines Amtes und
Berufes die Sorge für Körper und Gesundheit der ihm anvertrauten
Schüler übernommen hatte. Dem Kläger fällt zur Last, daß er seinem
Mitschüler, der den eigentlichen Fehler gemacht hatte, nicht die genügende
Aufmerksamkeit zugewendet hat, und wenn er noch aus der Natur des
ihm gewordenen Auftrags entnehmen mußte, daß er nicht bloß das eine
Ende der Reckstange einzustecken, sondern mit seinem Gefährten zusammen
die Reckstange zu befestigen hatte, so lag doch kein Grund vor zu einem
besonderen Mißtrauen gegen die Sorgsamkeit des Gefährten und außer-
dem wußte er sich und seinen Gefährten noch unter dem Auge des
Lehrers.
Bei dieser Sachlage hielt das Berufungsgericht es für angemessen,
den Anspruch des Klägers zur Hälfte für begründet, zur anderen Hälfte
aber für unbegründet zu erklären.