Abschnitt IV. Die Finanzverwaltung. 151
die Vorschläge des Ortseinschätzungs- oder Kreisaus-
schusses beanstandet. Gegen die von der Revisionsbehörde
(nötigenfalls nach Verhandlung mit dem Steuerkollegium)
festgesetzten Steuerbeträge steht dem Steuerkollegium
keine Beschwerde zu.
Die Berücksichtigung des Abgangs und Zugangs er-
folgt in der Weise, daß alljährlich im Mai und November
jede Gemeindebehörde eine Nachtragsbeschreibung
aufstellt, wobei die Mitwirkung der ÖOrtseinschätzungs-
ausschüsse nicht vorgeschrieben ist!. Auf Grund dieser
bis 1. Juni und 1. Dezember dem Steuerkollegium einzu-
reichenden Nachtragsliste verfügt dieses die Heranziehung
für das laufende Rechnungsjahr.
Die Benachrichtigung der Steuerpflichtigen erfolgt
seitens der Gemeindebehörde, nachdem ihr vom Steuer-
kollegium die Haupt- oder Nachtragsrolle zugegangen
ist, durch besondere Steuerzettel. Gegen die Veranlagung
ist binnen vier Wochen nach der Zustellung schriftlicher
Einspruch beim Steuerkollegium entweder unmittelbar
oder durch Vermittelung der Gemeindebehörde zulässig.
Bei den einfacheren, nicht nach dem Umfange einzu-
schätzenden Betrieben entscheidet das Steuerkollegium
selbständig, bei den übrigen ist die Entscheidung der
Revisionsbehörde herbeizuführen. Gegen die Entschei-
dungen steht Klage bei dem Verwaltungsgerichtshofe frei.
Das Steuerkollegium ist ermächtigt, in einzelnen
Fällen Steuerpflichtige wegen ihrer Bedürftigkeit oder
wegen Mangels an Verdienst niedriger als nach den
Vorschriften des Tarifs zu veranlagen oder auch in be-
sonderen Fällen die Steuer ganz zu erlassen, wenn die
Gemeindebehörde dies beantragt. Auch kann
das Steuerkollegium im Einzelfalle bestimmen, daß Ge-
hilfen, die ein Gewerbetreibender zwar regelmäßig, aber
nur kurze Zeit am Tage beschäftigt, bei der Veranlagung
ganz oder zu einem Teil außer Ansatz bleiben sollen ®.
-
1 Diese Neuerung ist durch Gesetz Nr. 21 vom 6. April
1908 eingeführt.
2 Diese Befugnis spielt z. B. bei den Brottrage-
Frauen, die von vielen Bäckermeistern täglich für
1—2 Stunden beschäftigt werden, eine wesentlicne Rolle.
Im übriren zählen bei der Veranlagung nach der Ge-
hilfenzahl alle Personen beiderlei Geschlechts über