Object: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

14 Otto v. Gierke. 
Staatspapiere, Aktien und andere für den Handel bestimmte Wertpapiere), d. h. Urkunden, 
die das verbriefte Recht dergestalt verkörpern, daß sie das Mittel seiner Verwertung bilden 
und somit den Wert des Rechtes in sich tragen. Nicht dagegen andere vermögenswerte Rechte 
mit den ihnen zugehörigen Urkunden. 
Anschaffung und Veräußerung müssen miteinander in Verbindung gesetzt sein. 
Es genügt weder gewerbemäßige Anschaffung, um zu behalten, zu gebrauchen, zu vermieten 
usw., noch gewerbemäßige Veräußerung der eigenen Erzeugnisse oder des zu anderem Zwecke 
Angeschafften (z. B. Einrichtung eines gewerbemäßigen Verkaufs behufs Auflösung einer Kunst- 
sammlung). 
Diese Verbindung muß in Gewinnabsicht erfolgen. Dies ergibt sich aus dem 
Erfordernis des gewerbemäßigen Betriebes, war aber schon nach dem alten HGB. anzunehmen, 
da sonst jeder Einkauf von Weihnachts-- oder Geburtstagsgeschenken ein Handelsgeschäft gewesen 
wäre. Somit ist nicht nur die Anschaffung, um zu verschenken oder zu verschleudern, sondern 
auch die Anschaffung, um zum Selbstkostenpreise zu verkaufen, kein Grundhandelsgeschäft. So 
die Anschaffung von Wein oder Zigarren, um einen Teil an Freunde abzugeben; der Ankauf 
von Holz oder Lebensmitteln durch einen wohltätigen Verein behufs Überlassung zum Einkaufs- 
preise an Bedürftige; der Betrieb eines Offizierkasinos; an sich auch der eines Konsumvereins. 
Ferner die Anschaffung von Nebensachen, die mit selbsterzeugten Sachen mitveräußert werden 
sollen, ohne daß gerade an ihnen gewonnen werden soll, wie von Säcken, Fässern usw. oder 
von Rahmen und Kartons für selbstgefertigte Photographien. 
Endlich müssen sich Anschaffung und Veräußerung auf denselben Gegenstand 
richten. Erfolgt der Umsatzohne Veränderung (die in bloßer Zerlegung oder Ver- 
kleinerung nicht zu finden ist), so liegt das eigentliche Handelsgeschäft vor, dessen gewerbe- 
mäßige Vornahme zum Händler, zum Kaufmann im wirtschaftlichen Sinn und damit immer 
auch zum Kaufmann im Rechtssinne macht. Auch der kleinste Händler, die Blumenverkäuferin 
oder das mit Wachsstreichhölzern handelnde Kind ist Kaufmann. Das H##B. erweitert aber 
den Begriff des handelsrechtlichen Umsatzgeschäftes außerordentlich, indem es ihn auch für an- 
wendbar erklärt, wenn die Weiterwweräußerung „nacheiner Bearbeitungoder Ver- 
arbeitung“ erfolgt. Bearbeitung ist Formveränderung des Stoffs (z. B. Färben, Bemalen, 
Schleifen), Verarbeitung Herstellung einer neuen Sache aus dem Stoff (z. B. eines Rockes 
aus Tuch, eines Sattels aus Leder, einer Maschine aus Eisen). Hiermit sind alle Fabrikanten, 
die Rohstoffe oder Halbfabrikate kaufen, und ebenso zahlreiche Handwerker (wie Bäcker, Fleischer, 
Brauer, Schlosser, Schmiede, Klempner, Kürschner, Gerber, Schuhmacher, die meisten Schneider 
usw.) zu Kaufleuten erklärt. Dagegen wird ein Betrieb dadurch nicht zum Handelsgewerbe, 
daß Stoffe eingekauft werden, die bei der Produktion als bloße Zutaten oder Mittel verbraucht 
werden sollen. Der Gärtner wird durch die Anschaffung von Samen oder Stecklingen, 
der Milch= oder Käseproduzent durch die Anschaffung von Vieh, der Flickschneider durch 
die Anschaffung von Futter, Knöpfen und Nähmaterial, der Maler durch die Anschaffung 
von Leinwand und Farbe, der Bildhauer durch die Anschaffung von Marmor nicht zum 
Kaufmann. . 
2. Die fabrikmäßige Be= oder Verarbeitung von Waren (das erste 
Handelsgewerbegeschäft des alten HG. Art. 272 Z. 1). Erforderlich ist, daß die Bearbeitung 
oder Verarbeitung fremder Sachen durch entgeltliches Rechtsgeschäft, das regelmäßig Werk- 
vertrag ist, aber auch Dienstvertrag sein kann, übermommen wird. Auzgeschlossen ist auch 
hier die Bearbeitung unbeweglicher Sachen (z. B. Hausanstrich, Dachreparatur, Wegeanlage, 
Drainage, Kanalbau) und die Herstellung eines Werkes, zu dem der Besteller nur Verbrauchs- 
oder Arbeitsmittel (z. B. Marmor zur Büste) liefert. Vor allem aber ist erforderlich, daß „der 
Betrieb über den Umfang des Handwerks hinausgeht“, also Fabrikbetrieb ist. Kaufleute sind 
hiemach die Untemehmer großer Färbereien, Plättereien, Spinnereien, Wäschereien, Bleichereien, 
Gerbereien, Mühlen, Reparaturwerkstätten, Schleifereien, Hundedressuranstalten usw. Keine 
Kaufleute dagegen sind unter den Handwerkern die Färber, Maler, Wäscher, Lohntischler, Flick- 
schneider, Lohnmüller, Buchbinder usw. Freilich aber wird der Buchbinder, der nebenbei mit 
Papier und Schreibheften handelt, der Friseur, der Seife und Haaröl verkauft, der Uhrmacher, 
der Uhren kauft und verkauft, durch solchen Nebenhandel zum Kaufmann.
	        
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