Abschnitt III. Die Volksvertretung. 19
a) Bei der Gesetzgebung ist die Zustimmung der
Landesversammlung nötig, wenn das Landesgrundgesetz
(die N.L.O.) oder die mit ihr erlasssenen grundlegenden
Gesetze, ferner die zum Bestandteil der Landesverfassung
erklärten Gesetze ergänzt, erläutert oder geändert, wenn
organische Staatseinrichtungen geschaffen oder neu-
gestaltet, oder wenn Gesetze, die das Landes-Finanz- und
Dteuerwesen, das bürgerliche oder Strafrecht, den bürger-
lichen oder Strafprozeß betreffen, gegeben, aufgehoben,
geändert oder gesetzlich ausgelegt werden sollen. Bei
allen andern, besonders den das Landespolizeiwesen be-
handelnden Gesetzen ist nur die gutachtliche, be-
ratende Anhörung, nicht die Genehmigung der Landes-
versammlung erforderlich; derartige Gesetze können nur
Polizeistrafen bis zu einem Monat oder entsprechende
Geldstrafe androhen.
b) Bei der Mitaufsicht über die Landesangelegen-
heiten hat die Landesversammlung das Recht, wegen
bemerkter Mängel oder Mißbräuche bei der Gesetzgebung,
Rechtspflege und Verwaltung der öffentlichen Angelegen-
heiten sich an die Landesregierung zu wenden und Vor-
schläge zu Gesetzen, Verordnungen, allgemeinen Ver-
fügungen und zur Errichtung öffentlicher Anstalten zu
machen. Sie hat darüber zu wachen, daß niemand in
seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt, vor allem
nicht ohne gesetzlichen Grund und ohne ordnungsmäßige
Verfügung der zuständigen Polizei- oder Gerichtsbehörde
verfolgt, verhaftet, bestraft oder sonst an Freiheit und
Eigentum beeinträchtigt werde!. Von einzelnen und von
Körperschaften kann sie Bittschriften und Beschwerden
über die Landesbehörden annehmen, Beschwerden aber
nur, wenn die Beschwerdeführer nachweisen, daß sie sich
vergeblich an die Landesregierung mit dem Gesuch um
Abhilfe gewandt haben?. Nach der Geschäftsordnung
— En
' Eine wertvolle Handhabe hierfür bietet das Recht
der Anfrage (Interpellation), ven $ 33 der Geschäfts-
ordnung Nr. 8 vom 20. Januar 1893. Über das Anklage-
recht vgl. unten S. 30.
° Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Landtag
und Regierung über Auslegung der Verfassung soll nach
3 231 N.L.O., wenn kein Ausgleich gelingt, ein Schieds-
gericht endgültig entscheiden, das wie der Gerichtshof
e1 Ministeranklagen (8. 31) zusammengesetzt ist.
2*