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114. König Albert als Jagdgast Kaiser Franz Josefs.
Man weiß, welch gern gesehener Gast König Albert bei den Kaiser-
lichen Hochwildjagden war. Im innigen Verkehr in freier Natur und
unter den Strapazen der Jagd wurde die Freundschaft zwischen Kaiser-
Franz Josef und dem Könige von Sachsen eine immer engere. Man
kann keine bildliche Darstellung der Kaiserlichen Jagden im Ebensee-
Ischler Jagdgebiet, in Mürzsteg oder in Radmer sehen, auf der nicht
neben der Gestalt des Kaisers die gleich große, wenn auch nicht so#
kräftige Gestalt des Königs von Sachsen erschiene. König Albert gehörte
zu den selbstverständlichen Gästen geradeso, wie die Schwiegersöhne des-
Kaisers. Im Jagdschlosse in Mürzsteg waren von vornherein für ihn
zwei Zimmer, ein Salon und ein Schlafzimmer, eingerichtet worden,
die man wohl noch lange als die seinen bezeichnen wird. Kommt da-
gegen der deutsche Kaiser zur Jagd, so tritt ihm Kaiser Franz Josef
seine eignen Zimmer ab. König Albert gab sich so ungezwungen wie der
Kaiser selbst. Im Steirergewand, mit einem uralten, ganz verdrückten
und abgeschossenen Lodenhüt'l, bei Kälte im Lodenmantel, saß er kreuz-
vergnügt mit seinem Kaiserlichen Jagdherrn unter den Riesentannen auf
einem Feldsessel und verzehrte mit großem Appetit sein Jägerfrühstück'
aus der Hand. Bei Schneegestöber trägt der Kaiser manchmal die-
Pelzmütze, der König von Sachsen trug immer nur den grünen Jägerhut
mit einem ganz kleinen bescheidenen Gemsbart. Tapfer machte er die
beschwerlichsten Besteigungen mit, und erst in den letzten Jahren benützte-
er manchmal ein sicheres Pferd bei der Heimkehr von der Lechnerbrücke-
zum Halteplatz der Wagen. Der Kaiser war immer von liebevollster-
Rücksicht für ihn. Am Vorabend der Jagd wird dem Kaiser eine-
Zeichnung der Standplätze vorgelegt, in die er nach reiflicher Überlegung.
die Namen der Schützen eigenhändig einzeichnet. Stets war er bedacht,
dem König von Sachsen den besten Stand zuzuweisen. Während der
Kaiser von den an der Jagd teilnehmenden Prinzen die Vornamen, von
den übrigen Jagdgästen die Familiennamen eintrug, schrieb er zu seinem
eigenen Stand: „Ich“, und zum allerbesten „König von Sachsen“.
115. „Kaiser, König und Kronprinz.“
An heiteren Episoden hat es in dem Jägerleben des Königs, wie
schon gesehen, nicht gefehlt. Von seinen Gemsjagden wird manch ein lustiges-