Full text: Anekdoten und Charakterzüge aus dem Leben König Alberts von Sachsen.

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ein vielstimmiges Hurra empfing den König wider Willen. Ehe noch 
der hohe Reisende, dem der ganze Enthusiasmus galt, wirklich erschien, 
war alles Pulver verschossen, und der Empfang gestaltete sich erheblich 
stiller, als er geplant war. Natürlich trug dieser spaßhafte Zwischen- 
fall viel dazu bei, den König zu belustigen, und der kühne Doktor 
mußte sich oft gefallen lassen, mit seinem Reiterkunststückchen geneckt 
zu werden. 
122. Ein fataler Irrtum. 
Auf einer Reise durch das Erzgebirge und das Vogtland im Jahre 
1890 kam König Albert zu Wagen auch in die Nähe des Dorfes Steins- 
dorf bei Plauen. Wie überall, sollte er auch hier mit Glockengeläute 
und Schulkindergesang empfangen werden, und zur besonderen Über- 
raschung des geliebten Landesherrn hatten zu beiden Seiten der Haupt- 
straße des Dörschens eine Anzahl Burschen und Mädchen in vogt- 
ländischer Tracht und mit landwirtschaftlichen Geräten Aufstellung 
genommen. Ein Zeitungsberichterstatter, der sich ebenfalls zu Wagen 
dem Königlichen Zuge angeschlossen hatte, war aber schon in Schnecken- 
grün seiner etwas ungeduldigen Pferde halber vorausgefahren und langte 
so vor dem Monarchen in Steinsdorf an. Die guten Steinsdorfer 
hatten kaum den eleganten Wagen des Zeitungsmannes erblickt, als sie 
— in der Meinung, der König nahe — sofort den ganzen Einzugs- 
apparat in Bewegung setzten: die Glocken läuteten, die Häupter entblößten, 
die Mützen schwangen und „Den König segne Gott!“ sangen. Ein 
heransprengender Gendarm klärte den Irrtum schnell auf, die unfrei- 
willige Generalprobe verstummte, und erst eine Viertelstunde später traf 
der richtige Königliche Zug ein, dem man nun die zugedachten, kurz 
vorher unbewußt geprobten Ehren mit gesteigertem Jubel spendete. Jener 
Zeitungsmann hielt es aber für geraten, Steinsdorf möglichst schnell zu 
verlassen .! - 
123. Schwedenfeuer. 
Gelegentlich einer Gewerbeausstellung im „Carolagarten“ in Meißen 
war auch das Königspaar anwesend. Bei dem Rundgange im Freien 
verspürte der König Lust, zu rauchen, entnahm seiner Zigarrentasche eine 
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