Full text: Anekdoten und Charakterzüge aus dem Leben König Alberts von Sachsen.

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spenstig, wie es eben Kinder in diesem Alter bei irgendwelchem Zwang 
zu tun pflegen. 
Aber der junge Lehrer wußte ein Mittel, dem Trotz des kleinen 
Prinzen zu begegnen und gab damit zugleich eine glänzende Probe 
seiner pädagogischen Tüchtigkeit. „Prinz Albert,“ rief er ruhigen 
Tones dazwischen, „ich will Ihnen einmal eine Geschichte erzählen!“ 
„Ich will aber keine Geschichte hören!“ lautete trotzig die 
Antwort. 
„Eine Geschichte von einem Pferd, von einem ganz wilden Pferd!“ 
Der Prinz wurde aufmerksam. „Von einem ganz wilden?“ frug 
er halb ungläubig, halb neugierig. 
„Jawohl!“ Jetzt war der Widerstand des lebhaften Knaben ge— 
brochen, und mit Spannung hörte er nun zu, was der junge Lehrer 
eiligst fabulierend von einem „ganz wilden“ Pferde zu erzählen wußte. 
Als dann am Schluß der Geschichte der Lehrer erklärte, dies sei soeben 
die erste Schulstunde gewesen, entgegnete Prinz Albert befriedigt und 
treuherzig: „Du gefällst mir, Du kannst wiederkommen!“ 
Kurz darauf fällte Lehrer Zechel folgendes Urteil über seinen 
fürstlichen Zögling: „Prinz Albert zeigt eine so rege Wißbegierde, daß 
er nur schwer zu befriedigen ist; übrigens gehorcht er aufs Wort, 
selbst wenn es ihm bei seiner Lebhaftigkeit zuweilen schwer werden 
sollte, und er hat dabei ganz die natürliche Kindlichkeit behalten, so 
daß er zu den schönsten Hoffnungen berechtigt.“ 
3. Die Jagd nach der Mütze. 
Eines Tages, als Prinz Albert und sein Lehrer im offenen Wagen 
von Pillnitz nach Dresden fuhren, nahm der Wind dem Prinzen die 
Mütze, und sie kollerte lustig über Acker und Felder. Der Wagen 
hielt, der Bediente stieg ab und begann über Hals und Kopf die Jagd 
nach dem Flüchtling, zum großen Gaudium des kleinen Prinzen. 
Endlich hatte er schweißtriefend den Flüchtling eingefangen, und die 
Fahrt ging weiter. 
Aber das Schauspiel war zu ergötzlich gewesen, und der Knabe 
brachte es nicht übers Herz, sich seine Wiederholung zu versagen; er 
ergriff selbst die Situation und warf seine Mütze zum Wagen hinaus. 
Wieder wurde gehalten, wieder begann der Bediente seine Jagd, und
	        
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