Full text: Anekdoten und Charakterzüge aus dem Leben König Alberts von Sachsen.

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77. Der spät dekorierte Kommerzienrat. 
Einst kam der Kommerzienrat R., ein älterer kahlköpfiger Herr, 
zur Audienz, um sich für einen ihm verliehenen Orden zu bedanken. 
„Wie? Das scheint ja Ihr erster Ordensstern zu sein?“ fragte der 
König, als er den einsamen Stern auf dem Frack des Kommerzienrates 
bemerkte. „Jawohl, Majestät!" erwiderte dieser seufzend, und auf seinen 
Kahlkopf deutend, fügte er hinzu: „Bei uns vom Zivil kommen die 
Sterne immer erst, wenn der Mond aufgegangen ist.“ Der König 
ergötzte sich sehr über diese witzige Antwort. 
78. „Im übrigen geht's Ihnen aber gut —2“ 
Ein alter Herr aus einem erzgebirgischen Bergstädtchen war mit 
dem Albrechtsorden ausgezeichnet worden und kam nun nach Dresden, 
um dem König in wohlgesetzter Rede seinen Dank auszusprechen. Aber 
schon nach dem ersten Satze blieb der Aermste rettungslos stecken, da 
klopfte ihm der König freundlich auf die Schulter und sagte, ihn so 
der Verlegenheit entreißend: „Im übrigen geht's Ihnen aber gut? 
Wie steht's denn bei Ihnen oben mit der Nickelausbeute?“ Jetzt war 
der ängstliche Alte wieder ins richtige Fahrwasser gebracht. 
79. „Jacob, wo bist Dul!“ 
Der langjährige Leibarzt des Königs, Generalarzt Dr. Jacob, war 
eine auch bei dem Monarchen sehr beliebte Persönlichkeit, die er in seiner 
Umgebung ungern vermißte. Bei irgend einer Hoffestlichkeit vermochte 
er den Leibarzt nicht gleich zu entdecken, und er rief daher in die Ver- 
sammlung der Erschienenen, zum nicht geringen Ergötzen derselben, das 
Scherzwort aus dem Kinderspiel: „Jacob, wo bist Du?“ 
80. Die Sammlerin. 
Besonderes Interesse hatte der König für die Familiennachrichten 
der bei Hofe verkehrenden Damen und Herren. Als ihm einst gemeldet 
wurde, die vierzigjährige, aber noch sehr wohl erhaltene Baronin v. S. 
sei im Begriffe, den vierten Mann zu heiraten, meinte er: „Die ist 
wohl Sammlerin?“" 
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