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lich aber ein gesunder Humor, den der hohe Herr bei passender Ge—
legenheit entwickelte. König Albert interessierte sich für alles, frug nach
allem und knüpfte dann an das Gesehene und Gehörte seine eigenen,
meist den Nagel auf den Kopf treffenden Bemerkungen an. Besonders
die Schlichtheit und Einfachheit liebte er. So kam der König vor
Jahren eines Tages in das Bernhard Schäfersche Geschäft, als es noch
in dem kleinen Laden auf der Galeriestraße war. Er besuchte dieses
Geschäft, damals wohl das einzige in seinem Fach, mit Vorliebe, weil
er sich für alle Neuheiten auf dem Kunstgewerbe sehr interessierte. Dem
Geschäftsinhaber gegenüber drückte der König sein Bedauern aus, daß
Dresden in diesen Artikeln keine tonangebende Rolle spiele, obgleich es
doch auch eine gutgeleitete Gewerbeschule habe, und damit auf Wien
und Paris angewiesen sei. Zugleich bedauerte er, daß auch das Lokal
zu klein sei, die Sachen zur Geltung zu bringen. Der Geschäftsinhaber
gestattete sich, zu erwidern, daß er eine ähnliche Bemerkung bereits der
verstorbenen Königin-Witwe Marie gegenüber zu tun sich erlaubt, und
daß diese ihm darauf erwidert habe: „Besser erst ein kleines Geschäft
und nach und nach größer, als gleich groß anfangen und dann klein
werden.“ „Da hat meine Tante allerdings recht gehabt,“ sagte der
König, „vergessen Sie das nicht.“ Bei diesem Besuche wünschte der
König einen Fächer für Ihre Majestät zu kaufen. Er schenkte der
Königin deren vor allem gern. Nachdem schon eine ganze Anzahl vor-
gelegt waren, wurde dem hohen Herrn noch ein besonders schönes Stück
vorgelegt. Der König betrachtete sich den Fächer stillschweigend und
sagte dann: „Das ist einer vom vorigen Jahre, den wollten Sie mir
damals schon verkaufen, ich wählte aber einen anderen.“ Und so war
es in der Tat. Ein ähnliches Gespräch entwickelte sich, als ihm kleine,
reizend aus Streifen von echtem Juchtenleder geflochtene Körbchen vor—
gelegt wurden, die. dem König außerordentlich gefielen. „Ob ich meiner
Frau denn auch einen Korb geben kann?“ frug der hohe Herr dabei
mit lächelnder Miene, und als ihm der Geschäftsinhaber erwiderte, daß
er seiner jungen Frau ebenfalls erst kürzlich einen Waschkorb gekauft
habe, fügte der König, über die Antwort sichtlich angeregt hinzu: „Na,
einen Waschkorb kann ich nicht brauchen, aber den kleinen hier können
Sie mitschicken." — Bei einem anderen Besuch desselben Geschäfts
richtete der König an den Geschäftsinhaber, von dem er wußte, daß
dieser alle Jahre nach Paris ging, um Einkäufe zu machen, die Frage: