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deutlich ansah. Sein Garderobier hielt darum doch endlich einmal dafür,
die Zeit sei nun gekommen, den alten längst ausgedienten und sehr un-
scheinbar gewordenen Jagdhut mit einem neuen zu vertauschen.
Gedacht, getan. Als der König eines Tages zur Hirschjagd ins
Grillenburger Revier fuhr, prangte auf seinem Haupte ein neuer Jagdhut.
König Albert hatte es wohl gemerkt, aber nichts geäußert.
Leider war die Jagd an diesem Tage ziemlich erfolglos, und ver-
stimmt kehrte der König nach Dresden zurück. Kaum wurde er hier
des Garderobiers ansichtig, als er den Hut vom Kopfe nahm und ihn
dem Bediensteten mit den ärgerlichen Worten vor die Füße warf: „Hier
hast Du Deinen neuen Hut, hättest Du mir doch den alten gelassen!“
108. Der unarlige Dachöhund.
Bei einer Hofjagd hatte der unartige Dachshund eines jüngeren
Forstbeamten dem Könige das Wild verbellt, d. h. durch Gekläff ver-
scheucht. Dem Forstmann war das sehr unangenehm, und er fürchtete
mit Recht den Unwillen des hohen Jagdherrn. Aber wider Erwarten
sagte der König im gemütlichsten Tone zu ihm: „Das ist also Ihr
Dachs; den wird die Frau Gemahlin künftig wohl besser einsperren müssen.“
109. „'s ist ein Mann unter uns!“
Während des üblichen Jagdfrühstückes nach den Hofjagden erhielten
auch die beteiligten Treiber usw. einen Imbiß und eine Erfrischung.
So auch im Grillenburger Revier. Dort war es nun zur Gewohnheit
geworden, daß der älteste Treiber, ein im Forstdienst ergrauter Wald-
wärter, mit einigen kernigen, mehr wohlgemeinten als wohlgesetzten
Worten den Dank seiner Genossen aussprach. Er fing dabei stets also
an: „'s ist ein Mann unter uns!", worüber sich die Jagd-
gesellschaft, König Albert nicht am wenigsten, höchlichst amüsierte. Das
mochte der Alte gemerkt haben, und er hielt bei der nächsten Gelegenheit
es für angebracht, seine Rede mit anderen Worten, die ihm freilich
nicht so vom Munde flossen, einzuleiten. Da unterbrach ihn der König.
mit gezwungenem Ernst: „Nun, ist heute kein Mann unter uns?“
Der Alte stutzte, begriff aber bald die Situation und begann seine Rede-
unter allgemeiner Heiterkeit noch einmal, diesmal aber ohne Stocken
und mit der bekannten Wendung: „'s ist ein Mann unter uns!“