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Beharrt aber die erstberathende Kammer bei ihrem Beschluß,
so tritt nunmehr (ohne zweite Berathung und Beschlußfassung der
andern Kammer) das Vereinigungsverfahren ein Vl. 8§ 131;
Landtagsordnung § 33. Der Antrag der diesem gemäß berufenen
gemeinschaftlichen Deputation kommt nun noch einmal in jeder
Kammer zur Berathung und Beschlußfassung (lediglich über An-
nahme oder Ablehnung). Wird er von beiden Kammern ange-
nommen, so ist wiederum ein Ständebeschluß zu Stande gekommen.
Wird er aber nicht von beiden Kammern angenommen oder hat
die gemeinschaftliche Deputation einen positiven Antrag nicht ge-
stellt, so ist nunmehr entschieden, daß ein Ständebeschluß nicht zu
Stande kam.
6. Die vorstehende Ausführung bedarf noch einer Ergänzung.
Unter Kammerbeschlüssen sind im Vorstehenden Beschlüsse mit
einfacher Majorität zu verstehen. Hiervon giebt es aber eine ge-
wisse Ausnahme, von der hier zu reden ist.
§ 131 der Vll. unterscheidet zwischen Gesetzgebungs= und
Bewilligungsgegenständen einerseits und Berathungsgegenständen
andrerseits. Der Unterschied ist aber nur zu verstehen von König-
lichen Vorlagen. Da offenbar beide Gegenstände zusammen den
Gegenstand ständischer Beschlüsse auf Königliche Vorlagen er-
schöpfen sollen, so kann der dunkle Ausdruck „Berathungsgegen-
stand“ nur aufgefaßt werden im Sinne aller Vorlagen, die nicht
Gesetzgebungs= und Bewilligungsgegenstände sind. Unter diesen
letzteren aber sind zu verstehen alle Vorlagen zum Zweck der Ein-
holung ständischer Zustimmung. Ständische Initiative hinsichtlich
solcher Gegenstände kam nach der Verfassung von 1831 überhaupt
nicht vor. Daß auch die Berathungsgegenstände des § 131 der
Vl. uur Königliche Vorlagen sind, ergiebt sich aus den Schluß-
worten des § 131, die auf die ständische Initiative angewendet
mit anderen Bestimmungen der Verfassungsurkunde in Widerspruch
kommen würden.
Eine Modification des o. 5 Bemerkten ergiebt sich nun hin-
sichtlich der Gesetzgebungs= und Bewilligungsgegenstände. Wenn
nämlich bei diesen das Vereinigungsverfahren zu übereinstimmen-
den Majoritätsbeschlüssen beider Kammern nicht geführt hat, so
soll § 92 der Vl. zur Anwendung kommen d. h. es soll die