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Rücksicht auf ihre eigene Confession, confessionslos zu erziehen.
Die thatsächliche Wahrscheinlichkeit dieser juristischen Möglichkeiten
ist natürlich höchst verschieden. Es ist aber gut, sich die formell
möglichen Consequenzen zu vergegenwärtigen. Sobald das Kind
14 Jahr alt geworden (aber auch erst dann), muß das Kind
bleiben in der Confession in der es jetzt sich befindet und erst mit
dem Eintritt des vollendeten 21sten Lebensjahres kann sich darin
etwas ändern. Uneheliche Kinder dagegen folgen der Religion
der Mutter unbedingt und ohne daß auf den Willen der Mutter
etwas ankäme. Es bleibt nichts übrig, als diese Nachfolge des
Kindes auch anzuwenden auf den Fall der Confessionslosigkeit der
Mutter. Ferner wird man annehmen müssen, daß beim Religions—
wechsel der unehelichen Mutter, auch die Religion des Kindes
entsprechend wechselt, bis zum vollendeten 14ten Lebensjahr.
Abs. 2 des § 20 enthält nun nämlich noch den wichtigen
weiteren Satz, daß es den Kindern vom vollendeten 14ten
Lebensjahr an bei einem Religionswechsel der Eltern (resp. der
unehelichen Mutter) frei steht, ob sie diesen folgen oder ihre seit-
herige Religion beibehalten wollen. Eine Wahl der Confession
haben sie also, sofern sie der Religion der Eltern folgen können;
im Uebrigen besteht ihr Recht darin, nicht der neuen Confession
der Eltern gegen ihren Willen folgen zu müssen, woraus sich
dann die Beibehaltung der bisherigen Confession von selbst giebt
bis zum vollendeten 21 sten Jahr.
[Nach dieser Auffassung des § 20 würden alle frühern Vor-
schriften über diese Verhältnisse durch denselben beseitigt worden
sein; die Praxis theilt diese Ansicht nicht, s. v. d. Mosel s. v.
Confessionelle Erziehung, Confessionswechsel, Dissidenten; es ist
auch sehr zweifelhaft, ob sie der materiellen Absicht des Gesetz-
gebers entspreche; in Ermangelung bestimmter Anhaltspunkte für
eine andere Absicht, im Anschluß an das vorhandene Auslegungs-
material und an den Wortlaut des Gesetzes mußte der Verfasser
logisch von Einem zum Anderen fortschreitend zu diesem juristi-
schen Resultat gelangen.)
VI. Aus der vorstehenden Erörterung ergiebt sich, daß jeder
Sächsische Staatsangehörige entweder einer recipirten christlichen
Kirche oder einer zugelassenen sonstigen Religionsgesellschaft zu-