V. Enteignung. $ 18. 71
selbst oder einen Privaten zu übertragen®. Die Enteignung ist be-
grifflich nicht auf Grundeigentum beschränkt‘, sie kann auch bei
beweglichen Sachen vorkommen. Aber die Enteignung von Grund-
eigentum ist der praktisch wichtigste Fall der Enteignung; die
neueren Enteignungsgesetze beziehen sich fast ausnalmslos nur auf
die Enteignung von Grundeigentum, während die Enteignungen von
Mobilien, soweit sie überhaupt vorkommen, durch Spezialgesetze ge-
regelt sind. In allen deutschen Staaten? sind Voraussetzungen,
Formen und Wirkungen der Expropriation durch besondere Gesetze
geregelt worden ®,.
..__*[Gierke 2, 469 über das Wesen der Enteignung: „Sie ist eine in Aus-
übung des Staatshoheitsrechtes am Boden durch öffentlichrechtliche Handlung
vollzogene Verschiebung der Privatverhältnisse.“ — Otto Mayer 2. 1: „Die
Enteignung ist ein obrigkeitlicher Eingriff in das Eigentum, um es dem Unter-
tanen ganz oder teilweise zu entziehen zu Gunsten eines öffentlichen Unter-
nehmens.“ — „Mit der Expropriation will sich die Verwaltungsbehörde die
sachlichen Mittel zur Durchführung einer neuen Verwaltungsauf, abe verschaffen
(Anlegung von Straßen, Festungen, Eisenbahnen u.s.w.). Jede Exspropriation
dient somit einem Fee bestimmten Zweck, und mit der Entscheidung, da!
dieses aus einem Öffentlichen Interesse erreicht werden muß, ist die Zulässigkeit „
der Expropriation anerkannt.“ Fleiner, Einzelinteresse und öffentliches Inter-
esse, Abhandjg. f. Laband 2, 22. — G. Meyer, Der Eigentumserwerb bei der Ent-
eignung (in der Festgabe für E.I.Bekker) 18998. 111 sagt, die Enteignung charak-
terisiere sich zwar als ein staatsrechtlicher Vorgang, aber sie habe wichtige privat-
rechtliche Wirkungen, indem sie dazu diene, Eigentum und andere dingliche
Rechte von einem Privatrechtssubjekt auf ein anderes zu übertragen, sie sei ein,
staatsrechtlicher Akt mit privatrechtlicher Wirkung. — Otto Mayer: „die Enteig-
nung ist öffentlichrechtlicher Natur bis an das Ende mit Einschluß ihrer Wirkung,
die ja nur ein Stück von ihr ist.“ Vgl. dagegen G. Meyer, Eigentumserwer
8.113. — Nach Gierke.2, 470 gehört der bewirkende Vorgang als solcher aus-
schließlich dem öffentlichen Rechte an. „Durch einseitige staatliche Willens-
erklärung vollzieht sich sowohl die Übertragung des Sachenrechts, wie die Be-
gründung des auf Wertersatz gerichteten Se uldverhältnissee. |
* [Vgl.Otto Mayer2, 1 „Die Inanspruchnahme beweglicher Sachen folgt
anderen Regeln“ und in Note 1: „Man pflegt ja häufig überall von Enteignung
zu sprechen, wo der Staat etwas nimmt und dafür entschädigt. Das sind aber
anz äußerliche Ähnlichkeiten. Es hat keinen Wert sie zu betonen.“ Vgl. auch
tto Mayer 2, 264°.]
5 („Doch ist meist neben dem allgemeinen Enteignungsrecht besonders
geregeltes Enteignungsrecht für bestimmte Zwecke in Kraft geblieben. So
gelten namentlich für die agrarrechtliche, bergrechtliche, deichrechtliche und
wasserrechtliche Enteignung eigentümliche Rechtssätze.“ Gierke 2, 468. —
In einigen kleineren Staaten fehlt noch ein generelles Enteignungsrecht. Vgl.
Gierke 2, 46811,
° [Während G. Meyer in der zweiten Auflage an dieser Stelle eine um-
fassende, aber nicht erschöpfende Übersicht über die Quellen des Enteignungs-
rechtes gegeben hatte, beschränkt sich die folgende Zusammenstellung auf die
Gesetze der im Text berücksichtigten Staaten. Bei den nur gelegentlich an-
geführten Gesetzen sind Datum und Jahreszahl in die. Noten eingefügt. Vgl.
ie ebenfalls nicht vollständige Zusammenstellung der Enteignungs- und S ezial-
gesetze bei Niedner, Einführungsgesetz zum B.G.B.*? 1901 Art. 109 und Grün-
ıut H.W.B.? 8, 962. Letzterer Berücksichti t nicht die neueste Fassung der
deutschen Gesetze. — Die Enteignung wird auch in der privatrecheli in
Literatur behandelt, es sei daher hier besonders namentlich auf die Darstelbun
der Landesprivatrechte verwiesen. — E. G. z.B. G. B. Art. 109 bestimmt, du
die landesgesetzlichen Vorschriften über die im öffentlichen Interesse
erfolgende Entziehung, Beschädigung und Benutzung einer Sache, Beschränkung
des Eigentums und Entziehmg oder Beschränkung von Rechten bestehen bleiben.
Die Bestimmungen der Art. 52, 53 über zu gewährende Entschädigung gelten,
soweit die Landesgesetze ein Anderes nicht bestimmen. Die Anpassung an