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Vom 27. Juli 1877. 1015
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Die Verurtheilung wird durch den Vorsitzenden ausgesprochen.
Erfolgt nachträglich genügende Entschuldigung, so kann die Verur—
theilung ganz oder theilweise zurückgenommen werden. Gegen die
letztere findet Beschwerde von Seiten des Verurtheilten an die Auf—
sichtsbehörde statt.
§ 13. Der Reichskanzler bestellt für jedes Seeamt einen
Kommissar, welcher Anträge an das Seeamt oder seinen Vorsitzenden
zu stellen, den Verhandlungen des Seeamts beizuwohnen, Einsicht
von den Akten zu nehmen und für den Fall, daß der Vorsitzende die
Einleitung einer Untersuchung verweigert, Anträge auf Anordnung
einer Untersuchung bei dem Reichskanzler zu stellen berechtigt ist. Die-
selbe Person kann für mehrere Seeämter als Kommissar bestellt werden.
§ 14. Die für die Aufnahme der Verklarungen zuständigen
Gerichte, die Hafenbehörden, die Strandbehörden, die Seemannsämter
und die Schiffsregisterbehörden sind verpflichtet, von den zu ihrer
Kenntniß gelangenden Seeunfällen einem zuständigen Seeamt (8 5)
ungesäumt Anzeige zu machen.
§ 15. Die Deutschen Seemannsämter im Auslande (Konsulate:)
haben, sobald sie von einem Seeunfalle Kenntniß erlangen, zur vor-
läufigen Feststellung des Thatbestandes diejenigen Ermittelungen und
Beweiserhebungen vorzunehmen, welche keinen Aufschub dulden.
§ 16. Ueber die Einleitung der Untersuchung beschließt der
Vorsitzende.
Ihm liegen die zur Vorbereitung der Hauptverhandlung er-
forderlichen Ermittelungen, die Anberaumung der Hauptverhandlung,
die für dieselbe erforderlichen Ladungen der betheiligten Zeugen und
Sachverständigen, die rechtzeitige Herbeischaffung der Beweismittel
und die sonstigen Vorbereitungen zur Hauptverhandlung ob.
Auch andere Verfügungen, wenn sie keinen Aufschub leiden,
namentlich auch wegen Vernehmung und Beeidigung der Zeugen bei
Gefahr im Verzuge, kann der Vorsitzende erlassen, so lange das
Seeamt nicht versammelt ist.
§ 17. Ist wegen eines Seeunfalles eine gerichtliche Unter-
suchung eröffnet, so ist der Vorsitzende befugt, die Einladung oder
Fortsetzung der Untersuchung desselben Seeunfalles bis zur Beendi-
Jung des gerichtlichen Verfahrens auszusetzen. Ist jedoch das See-
amt bereits versammelt, so steht diese Befugniß nur dem letzteren zu.
§ 18. Das Seeamt ist befugt, Beweis durch Einnahme des
1 Vgl. Seeunfallversicherungsgesetz in der Fassung v. 30./6. 1900, Göff.
(RGBl 740 ff.).
2 Vgl. Bek. 23./11. 77 (CBl 634).