Full text: Die Handelsgesetzgebung des deutschen Reiches.

Verfahren vor dem Gemeindevorsteher. Schlußbestimmungen. 1049 
Schlußbestimmungen. 
§ 20. Die Landes-Zentralbehörde kann anordnen, daß in Be- 
zirken, für welche zur Entscheidung gewerblicher Streitigkeiten auf 
Grund der Landesgesetze Gewerbegerichte bestehen (§ 85 des Gewerbe- 
Die Entscheidungen des Gemeindevorstehers sind von Amtswegen für 
vorläufig vollstreckbar zu erklären. 
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht auszusprechen, wenn glaubhaft 
gemacht wird, daß die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden 
Nachteil bringen würde; auch kann sie von einer vorgängigen Sicherheits- 
leistung abhängig gemacht werden. 
Ist rechtzeitig Klage erhoben, so findet der § 707 der Civilprozeßordnung 
entsprechende Anwendung. 
78. Die vor dem Gemeindevorsteher geschlossenen Vergleiche sowie 
die rechtskräftigen oder vollstreckbaren Entscheidungen desselben sind, sofern 
die Partei es beantragt, auf Ersuchen des Gemeindevorstehers durch die Orts- 
polizeibehörde nach den Vorschriften über das Verwaltungszwangsverfahren 
zu vollstrecken. Ein unmittelbarer Zwang zur Vornahme einer Handlung ist 
nur im Falle des § 1274 der Gewerbeordnung zulässig; die Leistung von 
Diensten aus einem Dienstvertrage kann durch Geldstrafen nicht erzwungen 
werden. Wo ein Verwaltungszwangsverfahren nicht besteht, finden die Be- 
stimmungen über die Zwangsvollstreckung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten 
Anwendung. 
GO 1274. Verläßt der Lehrling in einem durch dies Gesetz nicht 
vorgesehenen Falle ohne Zustimmung des Lehrherrn die Lehre, so kann 
letzterer den Anspruch auf Rückkehr des Lehrlinges nur geltend machen, 
wenn der Lehrvertrag schriftlich geschlossen ist. Die Polizeibehörde 
kann in diesem Falle auf Antrag des Lehrherrn den Lehrling anhalten, 
so lange in der Lehre zu verbleiben, als durch gerichtliches Urteil das 
Lehrverhältnis nicht für aufgelöst erklärt ist, oder dem Lehrlinge durch 
einstweilige Verfügung eines Gerichts gestattet ist, der Lehre fern zu 
bleiben. Der Antrag ist nur zulässig, wenn er binnen einer Woche 
nach dem Austritte des Lehrlings gestellt ist. Im Falle unbegründeter 
Weigerung der Rückkehr hat die Polizeibehörde den Lehrling zwangs- 
weise zurückführen zu lassen oder durch Androhung von Geldstrafe bis 
zu fünfzig Mark oder Haft bis zu fünf Tagen zur Rückkehr anzuhalten. 
79. Der Gemeindevorsteher kann die Wahrnehmung der ihm nach den 
88 76 bis 78 obliegenden Geschäfte mit Genehmigung der höheren Ver- 
waltungsbehörde einem Stellvertreter übertragen. Derselbe muß aus der 
Mitte der Gemeindeverwaltung oder Gemeindevertretung auf mindestens ein 
Jahr berufen werden. Die Berufung ist öffentlich bekannt zu machen. 
80. Durch Anordnung der Landes-Zentralbehörde kann an Stelle 
des Gemeindevorstehers ein zur Vornahme von Sühneverhandlungen über 
streitige Rechtsangelegenheiten staatlich bestelltes Organ mit Wahrnehmung 
der in den §§ 76 bis 78 aufgeführten Geschäfte beauftragt werden. Die An- 
ordnung ist öffentlich bekannt zu machen. 
 
	        
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