Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

86 Vierter Abschnitt: Die Organisation des Staates. II. Die Ständeversammlung. § 21. 
der Ständebeschluß abgefaßt ¹). Die Stimmen der Präsidenten werden hierbei 
nicht gezählt; würde Stimmengleichheit eintreten, so hat der Präsident der 
zweiten Kammer die Entscheidung. Der Ständebeschluß wird dann der Regie- 
rung vorgelegt und unterliegt wie sonst der Sanktionirung und Verkündung durch 
den König. 
c) Während andere Gesetze insolange in Giltigkeit bleiben, bis sie durch das Zu- 
sammenwirken sämmtlicher Faktoren wieder aufgehoben werden, gelten die Gesetze 
über Abgabenverwilligung in dem oben angegebenen Sinne nur auf die Dauer 
einer Etatsperiode. Nach § 112 der V. U. ist der von den Ständen angenommene 
Hauptetat in der Regel auf drei Jahre giltig. Es ist daher eine kürzere oder 
längere Etatsperiode nicht ausgeschlossen, wie denn gegenwärtig — namentlich 
mit Rücksicht auf den Reichsetat — die Etats zweijährig sind. Ob eine Kammer 
auch über die (nach der V. U.) regelmäßige Dauer von drei Jahren hinaus 
einen in die Wahlperiode einer folgenden Kammer eingreifenden Etat beschließen 
könne, ist in Ermangelung einer ausdrücklichen Entscheidung der V. U. be- 
stritten ²). Die Stände sind auch durch die Verfassung nicht gehindert, einen 
Etat nur auf eine kürzere Zeit, als die Regierung vorgeschlagen hat, zu ver- 
willigen, sofern hierzu besondere Gründe vorliegen. Ebenso können einzelne Ver- 
willigungen, z. B. wegen ihres Zweckes, auf einen kürzeren Zeitraum als die 
Etatsperiode beschränkt werden. 
Diese Beschränkung der Wirksamkeit der Gesetze über Abgabenverwilligung gilt (s. o.) 
auch für solche Abgaben, deren Erhebung auf besonderen, im Wege der ordentlichen Gesetz- 
gebung verabschiedeten Gesetzen beruht. 
Auch darin äußert sich die zeitliche Beschränkung des Etatsgesetzes, daß eine für die 
Finanzperiode verwilligte, allein innerhalb derselben ganz oder theilweise nicht ausgegebene 
Summe z. Z. der sog. Restverwaltung anheimfällt, soweit nicht die Uebertragbarkeit auf eine 
folgende Etatsperiode im Voraus von Seiten der Stände beschlossen oder die Summe der 
Regierung im neuen Budget für den fraglichen Zweck abermals verwilligt wird, wobei 
es keinen Unterschied begründet, ob es sich um Summen handelt, welche zum laufenden 
Dienste bestimmt sind, oder um solche, welche der Regierung außerhalb des Etats (aus 
der Restverwaltung oder vom Grundstocke) verwilligt worden sind, s. o. S. 81. In 
Folge der Trennung des laufenden Dienstes von den sog. Resten und von den Grund- 
stocksveränderungen ³) besteht nämlich in Württemberg seit dem Jahre 1818 — wenigstens 
thatsächlich — eine besondere Restverwaltung, in welche die in den vorangegangenen 
Jahren erzielten Einnahmeüberschüsse und die zwar verwilligten, aber ganz oder theilweise 
nicht ausgegebenen Beträge, sowie die unerwarteten, im Etat gar nicht vorgesehenen Ein- 
nahmen (z. B. aus der Reichskasse) fallen ⁴). Auch über diese Restverwaltung ist den Ständen 
Nachweisung zu geben. S. auch § 66 Nr. 5. 
 
1) V. U. § 181. 
2) Mohl, I S. 658 und ihm folgend ein Bericht der staatsrechtl. Kommission der K. d. 
A. v. 1854/55 erklärt eine solche Ueberschreitung für unzulässig und gestattet sie nur, soweit ein 
Etatsjahr noch theilweise in die Wahlperiode der nächsten Kammer fällt; während Fricker in der 
Tüb. staatswirthsch. Zeitschrift 1861 S. 285 die Erstreckung über die Wahlperiode hinaus unbe- 
schränkt gestattet, sofern die Abg.-Kammer einer entsprechenden Vorlage der Regierung zustimmt, 
eine Ansicht, welcher aus den von Fr. vorgetragenen allgemeinen Gründen unbedingt beizupflichten, 
wie sie auch neuerdings bei der Ständekammer durchgedrungen ist. 
3) Vgl. die Haupt-Instr. v. 10. Nov. 1818. 
4) Die Restverwaltung hat sich im Anschluß an die Instr. des Finanzmin. v. 10. Nov. 1818 
§ 7, die K. V. O. betr. die Errichtung von Min.-Kassen v. 17. Juni 1822 §. 15 und an einen 
Erl. d. Oberrechnungskammer v. 14. Juli 1830 in der Praxis ausgebildet. Das Charakteristische
	        
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