§ 34. Der ständische Ausschuß. 115
können außerhalb Stuttgart ihre Wohnungen haben und werden, so oft es die Umstände
erfordern (s. III), von den Anwesenden einberufen (V.U. § 193). Dieselben bilden mit den
Mitgliedern des engeren Ausschusses den „weiteren Ausschuß“.
Wegen der besonderen rechtlichen Stellung, welche dem engeren Ausschusse in dem
Gesammtkollegium zugewiesen ist, wird die Wahl der Ausschußmitglieder in zwei Akten,
wenn auch in derselben Sitzung, vorgenommen; im ersten werden die Mitglieder des engeren,
im zweiten die Mitglieder des weiteren Ausschusses gewählt. Ein Zwang zur Annahme
der einen oder der anderen Wahl besteht nicht. Auch der Austritt steht jedem Mitgliede frei.
Der Austritt aus der Ständeversammlung hat von selbst den Verlust der Mitgliedschaft im
Ausschusse zur Folge (eine Ausnahme s. u.).
Den Vorsitz führt der Präsident der Kammer der Standesherren, der Präsident der
Zweiten Kammer führt die erste Stimme.
Damit es, so lange die Stände nicht versammelt sind, niemals an einer ununter-
brochenen Vertretung des Landes gegenüber der Regierung fehlt, hat die V. U. in §§ 190
u. 192 spezielle Bestimmungen über die Amtsdauer und über die Neuwahl des Ausschusses
getroffen. Hiernach muß bei der Auflösung eines jeden Landtages und bei der
Entlassung eines ordentlichen Landtages ein neuer Ausschuß gewählt werden,
wobei die vorigen Mitglieder wieder wählbar sind. Bei einer bloßen Vertagung oder bei
dem Schlusse eines außerordentlichen Landtages findet dagegen keine Neuwahl statt, sondern
es tritt bis zur Wiedereröffnung der Sitzungen der frühere Ausschuß wieder ein; jedoch
mit einer Ausnahme, wenn nämlich die nach vorangegangenen Neuwahlen eröffnete Stände-
versammlung erstmals vertagt wird, denn in diesem Falle wird nach einer feststehenden
Praxis entgegen dem Wortlaute des § 192 in Anwendung des Stellvertretungsprinzips
ein neuer Ausschuß gewählt. Soweit hiernach eine Neuwahl stattzufinden hat, muß den
Ständen jedesmal — auch bei einer Auflösung der Versammlung — die hierzu erforder-
liche Sitzung noch gestattet werden. Sollten aber außerordentliche Umstände den Ständen
unmöglich machen, diese Sitzung zu halten ¹), so haben die bisherigen Mitglieder des Aus-
schusses oder deren Stellvertreter, sofern sie noch Ständemitglieder sind, die Verrichtungen
des Ausschußkollegiums wieder zu übernehmen. Tritt ferner der Landtag aus irgend
welchem Grunde nach Ablauf der dreijährigen Wahlperiode des Ausschusses nicht sofort
zusammen, so dauert die Wirksamkeit des Ausschusses bis zum Zusammentritte des Land-
tages fort, so daß, auch wenn in Folge einer inzwischen eingetretenen allgemeinen
Neuwahl ein bisheriges Mitglied des Ausschusses nicht mehr in die neue Kammer ge-
wählt worden sein sollte, seine Funktion als Ausschußmitglied dennoch bis zum Zusammen-
tritte des neuen Landtages fortdauert.
Geht während der Zeit, in welcher die Ständeversammlung nicht einberufen ist,
ein Mitglied des Ausschusses ab, so wird dasselbe von der nächsten ordentlichen oder
außerordentlichen Versammlung der Stände wieder ersetzt; bis dahin rückt an dessen Stelle
zunächst dasjenige Mitglied der betreffenden Kammer vorläufig ein, welches bei der letzten
Ausschußwahl die meisten Stimmen nach den Gewählten erhalten hat; und zwar tritt für
einen „Anwesenden“ der erste „Abwesende“ aus der betreffenden Kammer (nach der Stimmen-
zahl im Wahlakte) ein, für einen „Abwesenden“ der mit den meisten Stimmen, gleichgiltig
in welcher Wahlserie, Nachgewählte von der betr. Kammer. Bei Stimmengleichheit geht
nach der Praxis der Aeltere dem Jüngeren vor. Ein Anwesender kann bei seinem Aus-
tritte (aus dem sog. engeren Ausschusse) verlangen, nun unter die Abwesenden einzutreten.
Ist die Zahl der Nachgewählten aus der betreffenden Kammer erschöpft, so kommt die
1) Dieser Fall trat bei dem Oktroyirungsakte v. 6. Nov. 1850 (s. d. Einl. S. 11) ein.
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