118 Vierter Abschnitt: Die Organisation des Staates. II. Die Ständeversammlung. § 34.
Ueber seine gesammte Geschäftsthätigkeit, d. h. über alles, was von ihm in der
Zwischenzeit verhandelt worden ist, hat der Ausschuß jeder Ständeversammlung bei ihrer
nächsten Einberufung, also auch einem außerordentlichen Landtage Rechenschaft abzulegen
und zwar nach der Vorschrift der Verfassung in einem Zusammentritte beider Kammern ¹).
Von letzterem wird jedoch seit Jahren Umgang genommen und der Bericht des Ausschusses
gedruckt — soweit er sich nicht zur Veröffentlichung eignet, schriftlich — den beiden
Kammern mitgetheilt, und von diesen nach beiderseitigem Einverständnisse als verlesen
angenommen, worauf derselbe von jeder Kammer einzeln berathen und über das Ergebniß
unter gegenseitiger Mittheilung desselben, soweit erforderlich, zwischen den Kammern ver-
handelt wird. Der Bericht erstreckt sich auf alle oben unter Nr. 1—7 aufgeführten Funk-
tionen des Ausschusses, sowie auf alle Aenderungen im Personalstande der Ständekammer,
des Ausschusses, der ständischen Beamten, des Staatsgerichtshofs, überhaupt auf die ge-
sammte Thätigkeit des Ausschusses. Einen Hauptbestandtheil desselben bildet namentlich
die Prüfung der im Regierungsblatte verkündeten Gesetze, Verordnungen und Verfügungen,
sowohl in Beziehung auf die erfolgte Sanktion, Promulgation und Vollziehung, ihre
Uebereinstimmung mit der Verabschiedung, als in Beziehung auf die Einhaltung der Grenzen
zwischen Verordnung bezw. Instruktion und Gesetz; der Bericht erstreckt sich in dieser
Richtung auf alle von einem Rechenschaftsberichte zum anderen ergangenen Gesetze und
Verordnungen ꝛc., auch auf diejenigen, welche während eines Landtages erlassen wurden.
An den Bericht schließen sich die Anträge, welche der Ausschuß an die Stände zu stellen
hat. Jede einzelne Kammer kann dann selbstverständlich vor ihrer Beschlußfassung die
Verweisung des Berichtes oder einzelner Theile desselben an eine Kommission beschließen.
III. Die Beiziehung der sog. Abwesenden (des weiteren Ausschusses). Die in
Stuttgart anwesende Hälfte des Ausschusses (der sog. engere Ausschuß) hat der Regel
nach alle dem Ausschusse obliegenden Geschäfte (II) zu besorgen, ohne daß die „Ab-
wesenden", mögen sie nun in Stuttgart wohnen oder nicht, an denselben Antheil nehmen
dürfen.
Eine Mitwirkung der letzteren tritt nur ein, wenn sie von den Anwesenden ein-
berufen werden. Nach der V. U. § 190 sollte dies geschehen, so oft die Umstände es
erfordern. Nachträglich wurde diese Beiziehung, welche die Ausnahme bildet, durch ein
Ges. vom 20. Juni 1821 geregelt. Hiernach ist
1. die Einberufung der Abwesenden unbedingt vorgeschrieben in folgenden vier
Fällen: a) wenn die Anwesenden die Regierung um Einberufung eines außerordentlichen
Landtags bitten wollen (II 1b.); b) bei Prüfung der Steuerverwendung des verflossenen
und bei der Berathung des Etats des kommenden Finanzjahres (s. o. II 2 a und b);
c) zur Abhör der Jahresrechnung der Schuldenzahlungs- und Sustentationskasse; d) zur
Berathung des Rechenschaftsberichtes; e) nach einer feststehenden Uebung auch zur Abschließung
von Anlehensverträgen (s. o. II 3).
2. In anderen Fällen hängt es ganz von dem pflichtgemäßen Ermessen des engeren
Ausschusses ab, ob nach den Umständen eine Verstärkung des Ausschusses durch Beiziehung
der Abwesenden erforderlich erscheint.
Von jeder Einberufung der Abwesenden hat der anwesende Theil dem Könige durch
Vermittelung des Staatsministeriums Anzeige zu erstatten.
Ist der volle Ausschuß versammelt, so werden während der Dauer dieser Ein-
berufung alle Geschäfte, einschließlich derjenigen, zu deren Behandlung an sich die an-
wesenden Mitglieder befugt wären, sollten dieselben auch schon vor der Einberufung des
1) V. u. § 191.