Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

§ 37. Das Staatsministerium. 127 
f) die Funktion als vorgesetzte Dienstbehörde gegenüber dem Verwaltungs— 
gerichtshofe, dem Disziplinarhofe und Kompetenzgerichtshofe, sowie gegenüber 
den württemberg. Bundesraths-Bevollmächtigten ¹): 
g) die Vermittelung des Verkehrs der Staatsregierung mit der Stände- 
versammlung nach Maßgabe der §§ 38, 126, 160 Abs. 2 und 4 der V. U. 
Vgl. das Verf.Ges. vom 1. Juli 1876 Art. 6 und 8. 
h) die Entscheidung bezw. Beschlußfassung in gewissen Fällen der Zwangsenteignung; 
s. Art. 3, 38, 1 u. 2 des angef. Enteig. Ges. 
2. Das Staatsministerium besteht aus den Ministern und Chefs der Verwal- 
tungs-Departements. (S. § 42 I.) Kein Mitglied des Staatsministeriums kann, außer 
dem Falle, wenn der Gegenstand dasselbe persönlich angeht, von der Theilnahme an den 
Berathungen ausgeschlossen werden. Dem Staatsministerium sind zur Bearbeitung der 
Geschäfte und zur Theilnahme an den Berathungen ständige Räthe beigegeben, welchen 
jedoch eine zählende Stimme nicht zukommt. Die Funktionen solcher Räthe versehen 
bis auf Weiteres Mitglieder des Geheimen Rathes, welche vom Könige hierzu beauftragt 
werden ²). Außerdem können für einzelne Gegenstände sonstige Beamte oder Fachmänner 
beigezogen werden. 
Den Vorsitz führt, soweit nicht der König selbst an einer Berathung Theil nimmt, 
ein aus der Zahl der Minister oder Departementschefs vom Könige ernannter Präsident, 
welchem auch die Leitung der Geschäfte und die Dienstaufsicht über das dem Staats- 
ministerium zur Dienstleistung beigegebene Personal zukommt. 
3. Soweit der Geschäftskreis des Staatsministeriums reicht, ist die einseitige Er- 
ledigung der Geschäfte durch den Ressortminister ohne vorgängige Berathung im Staats- 
ministerium ausgeschlossen. Bedarf ein Gegenstand der Königl. Entschließung nicht, so 
unterliegt er der Beschlußfassung, andernfalls nur der Begutachtung des Staatsministeriums. 
Die formelle Verantwortung eines Ministers beginnt jedoch erst mit der Vollziehung 
eines Beschlusses des Staatsministeriums innerhalb seines Geschäftskreises oder mit der 
Kontrasignatur einer hierauf bezüglichen Entschließung des Königs, da die Verfassung 
eine Verantwortlichkeit für die Berathungen und Beschlüsse des Gesammtministeriums 
nicht kennt (V. U. §§ 51 und 52), und die Uebereinstimmung der Verfügungen der ein- 
zelnen Ressortminister mit den Beschlüssen bezw. Anträgen des Staatsministeriums nur 
auf der politischen Solidarität des letzteren beruht. Thatsächlich werden jetzt seit dem 
Gesetze vom 1. Juli 1876 die Gesetze und Verordnungen zwar nicht von dem Staats- 
ministerium als solchem, aber doch von den einzelnen Ministern, welche bei den Beschlüssen 
bezw. Anträgen im Staatsministerium mitgewirkt haben, kontrasignirt ³). 
 
1) Vgl. Königl. V.O. v. 13. Febr. 1877 § 2 u. Ges. v. 25. Aug. 1879 Art. 1 Abs. 2. In dieser 
Eigenschaft ist dem Staatsministerium eine Disziplinarstrafgewalt gegenüber dem Verwaltungs- 
gerichtshofe durch die Königl. V. O. vom 13. Febr. 1877 § 2 nach Maßgabe des Beamtengesetzes 
eingeräumt, gegenüber Kollegialmitgliedern desselben jedoch nur wegen einer in unmittelbarer amt- 
licher Berührung mit dem Staatsministerium oder mit dessen Vorstande begangenen Verletzung der 
Dienstpflicht. Bezüglich des Kompetenzgerichtshofs, des Disziplinarhofs und der Bevollmächtigten 
zum Bundesrathe besteht eine gleiche Bestimmung nicht. Aus der formellen Einordnung dieser 
Gerichtshöfe unter das Staatsministerium im Staatshandbuch kann eine Disciplinarstrafgewalt des 
Staatsministeriums über die Mitglieder derselben so wenig gerechtfertigt werden als für das 
Ministerium des Innern gegenüber dem Disciplinarhof für Körperschaftsbeamte; A. M. Sarwey, 
II S. 321. 
2) In dieser Verwendung der Mitglieder des Geh. Raths als nicht stimmberechtigter Räthe 
des Staatsministeriums tritt die veränderte Stellung des Geh. Raths, welche das Ges. v. 1. Juli 
1876 nicht direkt ausgesprochen hat, besonders klar zu Tage. 
3) Nothwendig ist dies aber nicht; verfassungsmäßig genügt die Gegenzeichnung des Ressort- 
ministers; A. M. Sarwey, II S. 120.
	        
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