128 Viert. Abschn.: Die Organisation d. Staates. III. Centralorgane d. Staatsregierung ꝛc. § 38.
Nach Außen tritt das Staatsministerium nur insofern hervor, als:
a) bei der Sanktionirung und Verkündung der Gesetze die vorgängige Vernehmung
des Staatsministeriums anzuführen ist ¹);
b) der Verkehr des Königs mit den Ständen (s. o.) durch das Staatsministerium
vermittelt wird, wobei der Präsident Namens desselben unterzeichnet ²).
Im Uebrigen steht jeder Staatsminister unmittelbar unter dem Staatsoberhaupt;
eine Kontrolle der Vorträge der Ressortminister bei dem König seitens des Minister-
präsidenten oder des Staatsministeriums ist nicht begründet ³).
II. Die dem Staatsministerium unmittelbar untergeordneten
Centralbehörden.
§ 38. 1. Der Kompetenzgerichtshof. Bis zum 1. Oktober 1879 wurden in
Württemberg die Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Gerichten und den Verwaltungs-
behörden durch den König nach vorgängiger gutächtlicher Aeußerung des Geheimen Rathes
entschieden ⁴). Erst in Folge der Bestimmung in § 17 des D. G. V.G. wurde
ein besonderer Kompetenzgerichtshof eingesetzt ⁵). Dieser Gerichtshof entscheidet nicht nur
die Kompetenzkonflikte zwischen den bürgerlichen Gerichten und den Verwaltungsgerichten
oder Verwaltungsbehörden (§ 17 a. a. O.), sondern auch die Konflikte zwischen den Ver-
waltungsgerichten und den Verwaltungsbehörden. Kompetenzstreitigkeiten in Strafsachen
zwischen den Gerichten und anderen mit Strafgewalt ausgestatteten Behörden werden da-
gegen durch den Strafsenat des Oberlandesgerichts in der Besetzung von sieben Mit-
gliedern einschließlich des Vorsitzenden entschieden ⁶).
Der Gerichtshof ist zusammengesetzt aus sieben Mitgliedern. Drei Mitglieder
oder, wenn der Vorsitzende nicht ein Mitglied des Oberlandesgerichts ist, vier Mitglieder
und deren Stellvertreter werden aus der Zahl der Mitglieder des Oberlandesgerichts, die
übrigen Mitglieder und deren Stellvertreter aus der Zahl der — nicht zugleich dem
Oberlandesgerichte angehörigen — Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofs oder aus der
Zahl Derjenigen berufen, welche im höheren Verwaltungsdienste stehen oder gestanden sind.
Der Vorsitzende und die anderen Mitglieder werden für die Dauer des zur Zeit der Er-
nennung bekleideten Amtes oder, falls ein Mitglied zu dieser Zeit ein Amt nicht bekleidet,
auf Lebenszeit durch den König auf den Vorschlag des Staatsministeriums ernannt.
Eine Enthebung vom Amte — so wird das R.G.V.G. § 17 durch das angeführte Landes-
gesetz (Art. 2 Abs. 5) interpretirt — kann „außer dem Falle, wenn sie die Folge der
Enthebung des Mitgliedes aus einem schon zur Zeit seiner Ernennung bekleideten Amte
ist ⁷), nur unter denselben Voraussetzungen wie bei den Mitgliedern des Reichsgerichts
erfolgen. Der Gerichtshof entscheidet in der Besetzung von sieben Mitgliedern unter Beob-
1) Ges. v. 1. Juli 1876 Art. 8 Abf. 2.
2) A. a. O. Art. 8 u. 9. Die Einbringung des Hauptetats bei den Ständen erfolgt nach
der ausdrücklichen Bestimmung in § 111 der V U. durch den Finanzminister.
3) Vgl. auc den Vortrag des Ministerpräs. von Mittnacht in der Abg. Kammer v. 2. Juni 1893.
4) V. U. § 59.
5) S. das württ. Ges. v. 25. Aug. 1879 betr. die Entscheidung von Kompetenzkonflikten u.
dazu Gaupp, Komm. zur C. P.O. 2. Aufl. Anhang S. 18 ff., 104.
6) Art. 3 des A.G. zur Str. Pr.O.
7) Eine solche landesgesetzliche Feststellung des Sinnes einer reichsgesetzlichen Bestimmung ist
ohne rechtliche Bedeutung; s. auch Laband i. dies. Handb. II 1 S. 97 N. 3. Daß der zweite
Satz der Z. 1 des § 17 des R.G.V. G. sich auf beide Arten von Mitgliedern des Kompetenzgerichts-
hofs bezieht, kann nach dem Wortlaute desselben keinem Zweifel unterliegen; s. im Uebrigen auch
L. Gaupp: die neuesten Bearb. des w. St. R. Freib. 1885 S. 41f.