Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

132 Viert. Abschn.: Die Organisation d. Staates. III. Centralorgane d. Staatsregierung 2c. § 40. 
d) Als Strafrekursinstanz entscheidet endlich der Verwaltungsgerichtshof über 
Beschwerden gegen Ungehorsams-, Ungebühr= und Disziplinarstrafen der Ver- 
waltungsbehörden#), und zwar: c. über Beschwerden gegen Ungehorsams- 
und Ungebührstrafen der Verwaltungskollegien, wenn auf mehr als 50 Mark 
oder auf Haft erkannt worden ist?); B8. über Beschwerden gegen Ordnungs- 
strafverfügungen des Vorstandes des Geheimen Raths, der Departements- 
chefs, der Verwaltungskollegien oder ihrer Vorstände in Beziehung auf Unter- 
gebene, jedoch gegen Strafverfügungen der Kollegien nur wenn auf mehr als 
50 Mark oder Haft erkannt worden ist 3). Letztere Beschwerde ist binnen der 
Nothfrist von 8 Tagen in der Beschwerdeinstanz zu erheben. Gegen Strafver- 
fügungen des Staatsministeriums, des Geheimen Raths, des Verwaltungsgerichts- 
hofes, sowie (in Beziehung auf ständische Beamte) der Präsidenten beider Kam- 
mern und des ständischen Ausschusses findet eine Beschwerde nicht statt!). 
Der Verwaltungsgerichtshof verhandelt und beschließt in der Besetzung mit fünf 
Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden; nur über die Nichtigkeitsklage wegen Kompetenz- 
überschreitung, welche der Verwaltungsbehörde gegen die Entscheidungen des Verwaltungs- 
gerichtshofes zusteht, in der Besetzung mit sieben Mitgliedern. Das Verfahren ist in 
den unter a—c bezeichneten Fällen öffentlich und mündlich, jedoch mit erheblichen, hier 
nicht weiter zu erörternden Ausnahmen. Im Uebrigen ist bezüglich des Verfahrens auf 
das Gesetz selbst zu verweisen. Nach Art. 72 desselben findet die C. P.O. subsidiär ent- 
sprechende Anwendung). 
§ 40. 3. Der Disziplinarhof. Dieser Gerichtshof ist durch das Gesetz vom 
28. Juni 1876, betr. die Rechtsverhältnisse der Staatsbeamten und der Angestellten an 
den Latein= und Realschulen eingesetzt worden 6). Er entscheidet in allen Fällen, in welchen 
gegen einen lebenslänglich angestellten Beamten eine schwerere Strafe als eine Ordnungs- 
strafe zu erkennen ist, also über die Entfernung vom Amte (Strafversetzung 
oder Dienstentlassung), sowie über die Entziehung des Titels und Ruhe- 
gehalts, über letztere gegen bleibend in den Ruhestand versetzte Beamte. Seine Kom- 
petenz erstreckt sich aber nicht blos auf die unter das Ges. v. 28. Juni 1876 fallenden 
Beamten, sondern nach Maßgabe des Ges. v. 30. Dez. 1877 Art. 38 auch auf die Volks- 
schullehrer?). " 
Für nichtrichterliche Beamte ist der Disziplinarhof ständig zusammen- 
gesetzt aus neun Mitgliedern, einschließlich des Vorstandes. Der Letztere und vier Mit- 
  
1) Im Uebrigen ist die durch Art. 73 des angef. Ges. auf den Verw. Gerichtshof übertragene 
Verwaltungsstrafjustiz durch die Reichsjustizgesetze aufgehoben worden. 
2) Art. 2, 3 u. 5 des Ges. v. 12. Aug. 1879; auf diese Beschwerden finden die Bestimmungen 
der St. Pr. O. über die sofortige Beschwerde entsprechende Anwendung. Gegen Strafen der Verwal- 
tungskollegien im Betrage von weniger als 50 M. findet eine Beschwerde nicht statt. Hat eine 
andere Behörde erkannt, so geht die (einmalige) sofortige Beschwerde an die nächstvorgesetzte Behörde, 
nicht an den Verwaltungsgerichtshof. 
3) Art. 79 des Beamten Ges. v. 28. Juni 1876 und Art. 73 des Ges. vom 16. Dez. 1876 
über die Verw. Rechtspflege. 
4) Vgl. auch Beamten-Ges. Art. 79. 
5) Daß man dieses auf die württemberg. C.P.O. 1868 gegründete Gesetz am 16. Dez. 1876, 
wenige Tage vor der Publikation der Reichsjustizgesetze, noch erließ, hatte die Folge, daß jetzt die 
nunmehr subsidiär anzuwendende R.C Pr. O. gar nicht zu dem Gesetze paßt; die entsprechende Anwen- 
dung muß daher unter Umständen eine sehr freie sein, um Lücken auszufüllen und Widersprüche zu 
lösen; vgl. z. B. oben S. 130 N. 2. 
6) Bis dahin galten die §§ 46—48 der V. U. 
7) Wogegen die Vorsteher und anderen Beamten der Gemeinden und der übrigen öffentlichen 
Korporationen, sowie die evangelischen Geistlichen diesem Gerichtshofe nicht unterworfen sind; s. den 
folg. Paragraphen und bezüglich der kath. Geistlichen 8 110.
	        
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