134 Viert. Abschn.: Die Organisation d. Staates. III. Centralorgane b. Staatsregierung ꝛc. § 41.
ernennt. Die Zahl der letzteren ist durch das Gesetz nicht beschränkt ¹). Sämmtliche
Mitglieder werden vom Könige nach eigener freier Entschließung ernannt und
entlassen. (V. U. §§ 55, 57.) Ueber die Berechnung des Ruhegehalts der entlassenen Mit-
glieder des Geheimen Rathes und der Minister insbesondere enthält der Art. 48 des Be-
amtengesetzes spezielle Bestimmungen, welche an die Stelle der Vorschriften der V. U. § 57
und der späteren hierauf bezüglichen Gesetze getreten sind ²). —
Hinsichtlich des dermaligen verfassungsmäßigen Geschäftskreises des Geheimen Rathes
ist zu unterscheiden:
1. seine berathende Thätigkeit. Dieselbe erstreckt sich:
a) Auf Alles, was ihm vom Könige zur Berathung besonders aufgetragen wird.
b) Nach der Vorschrift in Art. 7 des V. G. vom 1. Juli 1876 unterliegen seiner
Begutachtung alle Anträges ³) auf Abänderung der Landesverfassung,
der Landesverfassungsgesetze und der Reichsverfassung Art. 78
Abs. 1 und 2 ⁴); ferner die Normen, welche sich auf die allgemeinen Verhältnisse
des Staates zu den Religionsgesellschaften beziehen, sowie Anträge in
besonders wichtigen doder sonst geeigneten Angelegenheiten, namentlich
in den Gebieten der Gesetzgebung und der Erlassung allgemeiner Verordnungen ⁵).
In den Fällen unter a und b erfolgt die Begutachtung erst, nachdem die
Anträge der Minister zuvor im Staatsministerium berathen worden sind („weiter-
hin"); auch wird das Gutachten jetzt nicht mehr direkt (wie bis zum Gesetze vom
1. Juli 1876), sondern durch das Staatsministerium dem Könige vorgelegt, wobei
letzteres nicht gehindert ist, auch über das Gutachten des Geheimen Rathes seine
Meinung auszusprechen. Die Begutachtung des Geheimen Rathes erstreckt sich
übrigens selbstverständlich auch auf die Anträge, welche nach der Berathung der
fraglichen Gegenstände durch die Stände über das Schlußergebniß der letzteren an
den König zu stellen sind. Bei diesen Berathungen (a u. b) führt, wofern nicht
der König an denselben Theil nimmt, der Präsident des Staatsministeriums den
Vorsitz. Die Vernehmung des Geheimen Rathes wird jetzt, auch wenn sie statt-
gefunden hat, bei der Sanktionirung und Verkündung der Gesetze und Verordnungen
nicht mehr erwähnt.
c) Soll ein evangelischer Geistlicher wegen Unbrauchbarkeit oder Dienstverfehlungen
entlassen oder auf ein geringeres Amt versetzt werden, so kann dies vom Könige
nur auf Anträge der vorgesetzten Kollegialbehörden und des Geheimen Rathes ver-
fügt werden, nachdem der letztere zuvor das Oberlandesgericht gutächtlich vernommen
1) S. Mohl, II S. 53. Eine thatsächliche Schranke bildet nur die Verwilligung des Ge-
halts durch die Stände.
2) Hiernach wird der Ruhegehalt eines Mitgliedes, welches nicht Minister ist, nach den all-
gemeinen Grundsätzen des Beamten Ges. berechnet; jedoch haben sie Anspruch auf Ruhegehalt, auch
wenn sie das zehnte Dienstjahr nicht angetreten haben, derselbe darf 6000 Mark nicht übersteigen,
aber auch nicht weniger als die Hälfte des Gehalts betragen; s. auch S. 135 N. 5.
3) Sofern nämlich die Anträge des Staatsministeriums auf die Abänderung gerichtet sind.
Lauten dieselben auf Ablehnung der von anderer Seite kommenden Anträge, so bedarf es der Begut-
achtung nicht.
4) Unter Abänderungen der R.V. find nur allgemeine bleibende Abänderungen der R.V. U.
selbst verstanden im Gegensatze zu den Abänderungen in einzelnen Fällen. Auch wurde als selbst-
verständliche Voraussetzung bei der ständischen Berathung anerkannt, daß der Geschäftsgang inner-
halb der Organe des Reichs eine solche Begutachtung zulasse, § 7 des Ges. v. 1. Juli 1876 und
Verh. der K. d. St. H. v. 1875/76 Beil. S. 330 f., Prot. S. 490 f., der K. d. A. Prot. S. 2161 ff.
5) Darüber, ob eine Sache besonders wichtig erscheint, entscheidet das Staatsoberhaupt nach
den Anträgen des Staatsministeriums.