Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

136 Viert. Abschn.: Die Organisation d. Staates. III. Centralorgane d. Staatsregierung ꝛc. § 42. 
An der Spitze jedes Departements steht ein Staatsminister oder Departements-Chef, 
welcher vom Könige nach freier Entschließung ernannt und ebenso frei entlassen wird. Der- 
selbe ist — neben dem Staatsministerium und Geheimen Rathe — Berather des Staats- 
oberhauptes und zugleich oberster Verwalter seines Ressorts. Er ist für alle von ihm aus- 
gehenden oder von ihm genehmigten Anordnungen in Beziehung auf sein Departement, ins- 
besondere für die von ihm kontrasignirten Königl. V.O.O. verantwortlich (s. o. S. 71 u. 127). 
Die Gegenzeichnung erfolgt in der Regel durch alle Minister, in deren Geschäftskreis die Ver- 
fügung eingreift, doch genügt zur Gültigkeit die Gegenzeichnung eines Ministers, auch in 
solchen Fällen, welche nach dem V.G. vom 1. Juli 1876 der Begutachtung durch das 
Staatsministerium unterliegen ¹); und zwar die Gegenzeichnung desjenigen Ministers, in 
dessen Geschäftskreis der Gegenstand gehört („von dem Departements-Minister") ²). Jeder 
Minister ist als solcher gesetzliches Mitglied des Staatsministeriums wie des Geheimen Rathes 
(s. o.). Gegenüber der Ständekammer ist er auch ohne besondere Königl. Bevollmächtigung 
der Vertreter seines Departements. 
II. Zu den allgemeinen Aufgaben der einzelnen Ministerien gehören im Uebrigen 
wie in anderen konstitutionellen Staaten namentlich folgende Geschäfte: 
1. Die Entwerfung der in ihr Departement einschlagenden Gesetze und Verordnungen, 
die Vertretung der Entwürfe im Staatsministerium, im Geheimen Rathe, soweit eine Be- 
gutachtung durch diesen erforderlich ist, und vor den Ständen. 
2. Die Erlassung der — nicht der Entschließung des Königs vorbehaltenen — all- 
gemeinen Verfügungen, namentlich Dienstanweisungen, selbstverständlich in den durch 
Verfassung, Gesetze und Verordnungen gezogenen Schranken. In wichtigeren Fällen ist die 
Genehmigung des Königs einzuholen. Die Grenzen zwischen den Fällen der Königl. V.O. 
und der einfachen bezw. der auf Königl. Zustimmung beruhenden Ministerialverfügung sind 
übrigens in Ermangelung einer allgemeinen Norm äußerst schwankend. 
3. Die Oberaufsicht über die Geschäftsführung der Unterbehörden des Departe- 
ments. Dieselbe ist an eine Instanzenfolge nicht gebunden und wird theils unmittelbar durch 
den Minister, theils durch Entsendung von Kommissarien (Visitatoren), namentlich aber 
durch regelmäßige und spezielle Berichterstattung seitens der Unterbehörden und die hierauf 
zu erlassenden Verfügungen ausgeübt. Ueber die Grenzen dieses Rechts gegenüber der richter- 
lichen Thätigkeit gilt das oben S. 74 Bemerkte. 
4. Das Recht der Entscheidung über Beschwerden gegen das Verfahren der 
Unterbehörden, wenn solche in der Instanzenfolge an das Ministerium gebracht werden; und 
zwar sowohl über Beschwerden wegen gesetz- und ordnungswidrigen Verfahrens und wegen 
Verzögerung der Entscheidung, als über Beschwerden gegen den Inhalt der Entscheidungen, 
handle es sich hierbei um sog. Interessestreitigkeiten oder um Streitigkeiten über Individual- 
rechte auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts (Rechtsbeschwerden). Während jedoch bei den 
anderen Beschwerden das Ministerium endgiltig entscheidet, bildet dasselbe bei den Rechts- 
  
1) Entscheidend sind blos die §§ 51 u. 52 der V. U.; die dermalen bestehende Uebung hat 
keine rechtliche Bedeutung; s. auch oben S. 127. 
2) S. auch Bitzer, Regierung und Stände S. 51. A. M. Sarwey a. a. O. S. 125; 
allein der Nachsatz „welcher — verantwortlich wird“ kann nicht zur Auslegung der vorangehenden 
Worte benützt werden, da er zu der einen, wie zu der andern Auffassung gleichmäßig paßt. Daß 
der König den Geschäftskreis der Minister ändern kann, kommt nicht in Betracht, so lange dies nicht 
geschehen ist. Mit Recht beruft sich Bitzer auch auf den im engsten Zusammenhang mit § 51 stehenden 
§ 53 der V.U. Denn wenn hiernach die Staatsdiener und Behörden nur die ihnen von den zuständigen 
Stellen zukommenden Anweisungen zu beobachten haben, der Justizbeamte also nicht die Weisungen 
des Kriegsministers, so steht dies im engsten Zusammenhange mit der vorhergehenden Bestimmung 
des § 51 der V. U., welche aus guten Gründen die Gegenzeichnung „des“ Ressortministers verlangt.
	        
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