Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

§ 45. Die Anstellung der Beamten. 141 
Ehrenamte — auf freiwilliger Uebernahme, somit auf einem Vertrage, welcher die 
Erfüllung der öffentlichrechtlichen Staatsdienstpflichten zum Gegenstande hat ¹). 
Allgemeine Bedingungen der Anstellung eines Beamten bestehen in Württemberg 
nur insofern, als: 
a) selbstverständlich Niemand angestellt werden kann, welcher sich in Folge gericht- 
licher Verurtheilung nicht im Genusse der bürgerlichen Ehrenrechte befindet 
oder gegen welchen auf Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter erkannt 
ist, während der Zeit der Aberkennung, soweit nicht diese Unfähigkeit durch 
Begnadigung aufgehoben worden ist; 
b) nach § 44 der V. U. Niemand ein Staatsamt erhalten kann, „ohne zuvor ge- 
setzmäßig geprüft und für tüchtig erkannt zu sein“. Selbstverständlich 
bezieht sich diese Vorschrift nur auf solche Aemter, für welche überhaupt die 
Erstehung einer Dienstprüfung vorgeschrieben ist. In den Departements der 
Justiz, des Innern und der Finanzen, aber auch im Eisenbahn-, Post- und 
Telegraphendienst und im Lehrfach wird zwischen höheren und niederen Dienst- 
prüfungen unterschieden; die ersteren befähigen zu allen Stellen des Departements 
bezw. des betreffenden Fachs, während die niederen nur für einen bestimmten 
engeren Kreis von niederen Stellen qualifiziren. Die höheren Prüfungen im 
Departement der Justiz, des Innern und der Finanzen theilen sich in die erste 
und die zweite höhere Dienstprüfung. Zwischen beiden liegt die Vorbereitungs- 
zeit, welche sich im Justizdepartement nach Maßgabe des R.G.V.G.   bestimmt. 
Die Zulassung zu den höheren Dienstprüfungen setzt die Erstehung der Reife- 
prüfung für die Universität, bezw. die technische Hochschule voraus ²). Die Be- 
fähigung zum Richteramte ist ferner nach § 2 des R.G.V.G.  durch ein drei- 
jähriges Studium der Rechtswissenschaft auf einer Universität bedingt, wobei 
mindestens drei Halbjahre dem Studium auf einer deutschen Universität zu 
widmen sind ³). 
Die Vorschriften über die Prüfungen in den einzelnen Departements sind in einer 
großen Anzahl von Verordnungen und Verfügungen niedergelegt ⁴). Für die untersten 
Stellen in den Departements, welche keine Fachkenntnisse erfordern, wird keine Prüfung 
verlangt. 
Neben den Erfordernissen unter a und b besteht noch die Bestimmung (V. U. § 44), 
daß Landeseingeborene — oder nunmehr nach § 3 der Reichsverfassung Reichsangehörige ⁵) 
— bei gleicher Tüchtigkeit vorzugsweise vor Fremden zu berücksichtigen sind. Die weitere 
Vorschrift der M. V. vom 20. Aug. 1828, nach welcher jeder Bewerber um ein Amt 
 
1) Da das württ. Recht hierüber nichts Besonderes bestimmt, so ist bezüglich der rechtlichen 
Natur des Anstellungsaktes und die hierüber bestehende Kontroverse ganz auf das allgemeine und 
auf das deutsche Staatsrecht zu verweisen; s. Gareis in diesem Hdbch. Bd. I   I S. 164, Laband 
ebend. B. II I S. 67 f., namentlich aber Deutsches R. St. R. Bd. I S. 420 f.  
2) Vgl. hierüber die M.Bf. vom 19. Juni 1873, die Königl. V. O. vom 9. Sept. 1874, die 
M. Vf. v. 14. Febr. 1876, die K.V. O. vom 13. und vom 31. Januar 1884. 
3) Damit ist die Bestimmung der Königl. V. O. vom 17. Juni 1818 § 2, nach welcher 
wenigstens ein Jahr auf der Landesuniversität zuzubringen ist, für die Candidaten des Richteramtes 
aufgehoben; A. M. Sarwey, II S. 271.  
4) Eine vollständige Zusammenstellung derselben bis zum Jahre 1887 findet sich bei 
R. Gaupp, V. U. 2. Aufl. S. 46 ff., s. aber auch unten bei der Verw. der einzelnen Departements. 
5) Nach Sarwey, II S. 267, 270, 275 soll die in § 44 der V. U. ausgesprochene Bevor- 
zugung der Landeseingeborenen vor den Fremden durch Art. 3 der R.V. „selbstverständlich“ nicht 
berührt werden, weil es sich hierbei blos um eine Verwaltungsmaxime  handle; allein solche 
gesetzlich ausgesprochene Verwaltungsmaximen wollten gerade durch Art. 3 der 
R.V. aufgehoben werden, soweit es sich um Angehörige des Deutschen Reiches handelt.
	        
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