142 Viert. Abschn.: Die Organisation d. Staates. II. Centralorgane d. Staatsregierung ꝛc. § 45.
sich über den Besitz eines württemberg. Gemeindebürgerrechts auszuweisen habe, ist schon
in Konsequenz des § 9 des R.G. vom 1. Juni 1870, jedenfalls aber durch das Ges. über
die Gemeindeangehörigkeit von 1885 (s. u. § 72) beseitigt; man begnügt sich jetzt mit dem
Nachweise der Reichsangehörigkeit ¹).
B. Die Anstellung der Beamten erfolgt, soweit nicht (wie bei den ständischen Be-
amten) die Verfassung oder besondere Rechtstitel (wie bei gewissen Schulstellen) eine Aus-
nahme begründen, durch den König oder durch diejenige Staatsbehörde, welcher der
König das Recht der Ernennung oder Bestätigung delegirt hat ²). Dem württemberg.
Rechte eigenthümlich ist hierbei die oben S. 73 erörterte Bestimmung, nach welcher die
Ernennung der Staatsbeamten — mit einziger Ausnahme der Minister, Geheimen Räthe
und der Vorstände der Kollegien — durch den König auf Grund der Vorschläge der
vorgesetzten Kollegien zu geschehen hat, wobei jedesmal alle Bewerber aufzuzählen sind.
Die erledigten Stellen werden hiernach unter Ansetzung eines Termins zur Bewerbung
ausgeschrieben. Die Bewerbungen sind bei dem der erledigten Amtsstelle vorgesetzten Kol-
legium oder wenn die Stelle bei dem höchsten Kollegium des betreffenden Departements
erledigt ist, bei diesem Kollegium selbst einzureichen ³). Nach Einsendung der Vorschläge
des Kollegiums an den Ressortminister ernennt der König auf den Antrag des Ministers,
ohne übrigens an jene Vorschläge gebunden zu sein.
Die Befähigung zur Anstellung (A) verleiht natürlich kein Recht auf eine solche.
Eine Ausnahme besteht nur in Beziehung auf die Anstellung der sog. Militäranwärter
im Civildienste ⁴).
Jeder Beamte erhält bei der Anstellung eine Anstellungsurkunde und erlangt
mit der Ausstellung und Aushändigung derselben das Recht auf das Amt. Dagegen beginnt
— in Ermangelung anderweitiger Festsetzungen — der Anspruch auf Gewährung des
mit dem Amte verbundenen Einkommens erst mit dem Tage des Amtsantritts, in Betreff
späterer Erhöhungen mit dem Tage der Bewilligung ⁵).
Bei dem Antritte des Amtes hat der Beamte einen Diensteid abzulegen, in
welchem er dem Könige Treue und Gehorsam schwört, in welchen aber auch ausdrücklich
die Verpflichtung aufzunehmen ist, die Verfassung gewissenhaft zu wahren ⁶). Doch sind
amtliche Funktionen vor Ableistung des Diensteides, soweit es sich nicht um Akte der
Rechtsprechung handelt ⁷), vollkommen wirksam. Auch die Kautionsleistung, welche
1) Vgl. auch die Königl. V. O. vom 4. Nov. 1872 § 11 und vom 20. Oct. 1882 § 6 B. 2,
vom 13. und vom 31. Jan. 1884 § 5.
2) V. U. § 43, B. G. Art. 1.
3) Die Vorschriften über die Anstellungsgesuche sind enthalten: a) für das Justizdepart.
in den M.Vf. vom 19. August 1826, 7. Nov. 1834, 7. Febr. 1837, in der M. Vf. v. 17. Januar 1880,
G. Bl. S. 39, und bezüglich der Notariats- und Verwaltungs-Kandidaten in der Just. M.Vf. v. 17. Aug.
1888 Abl. S. 39 und in den dort angeführten früheren Verfügungen; b) für das Depart. des Innern in
den M.Bf. vom 25. Juli 1823 und 28. März 1854; c) für das Finanzdepart. in den M. f. vom
7. Aug. 1823 und 6. Mai 1853; d) für Lehrstellen in den Vf. des Studienraths vom 19. Jan.
1824 und 15. Juli 1839.
4) Vgl. hierüber §§ 58, 75 des R.G. vom 27. Juni 1871; §§ 10, 12 des R.G. vom 4. April
1874 und die Bekanntmachung sämmtlicher Ministerien vom 21. Sept. 1882 u. v. 15. Mai 1884
sowie die Bekanntm. des Just. Min. v. 29. März 1885, Abl. S. 15 f., u. die Vf. d. Min. d. ausw.
Angel. vom 7. August 1889 R. Bl. 272 f., und Laband, D.R. St.N. II 749 ff., in dsm. Hdb.
II I S. 239.
5) Beamtenges. Art. 10.
6) V.U. § 45. Das Nähere hierüber enthält nach Art. 3 des Beamtenges. die Königl. V.O.
vom 27. Oct. 1878; vgl. auch die Verf. des Justiz Min. vom 31. März 1879 und v. 11. Oct. 1882;
des Ministeriums des Innern vom 2. April 1879; des Ministeriums der ausw. Angel. v. 26. März
1879 (Verkehrsanstalten).
7) G.V.G. §§ 51 und 115; Württ. Ausf. Ges. z. G. V. G. Art. 16. Laband, R. St. R. I
S. 427. Gaupp, Komm. z. C.Pr. O. Anh. S. 23.