Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

144 Viert. Abschn.: Die Organisation d. Staates. III. Centralorgane d. Staatsregierung ꝛc. § 46. 
Seite stehen, sein dienstliches Einkommen ¹). Zum Eintritt in die Ständekammer wie in den Reichs- 
tag bedarf der Beamte keines Urlaubs ²). Die Kosten der Stellvertretung sind für Staatsbeamte 
und Volksschullehrer in den Gess. v. 20. März 1886 geregelt ³). 
Bei Verhinderung durch Krankheit ist der Beamte zu den Kosten der Amts- 
verweserei beizutragen verpflichtet, wenn die Verhinderung über sechs Monate dauert, aber auch 
dann nur insoweit, als die Kosten den dritten Theil seines Diensteinkommens nicht übersteigen 
oder — bei einem pensionsberechtigten Beamten — soweit der Betrag des ihm nach jenen sechs 
Monaten zukommenden Ruhegehalts dadurch nicht angegriffen wird. Ausnahmsweise können von 
der obersten Dienstbehörde auch bei einer Krankheitsdauer über sechs Monate die Kosten auf die 
Staatskasse überwiesen werden ⁴). 
B. Die Pflicht zur Treue und zum Gehorsam. Diese Pflicht, welche durch den 
Diensteid (s. o. S. 142) bekräftigt wird, enthält insbesondere: 
1. Die Pflicht des Beamten, über die vermöge seines Amtes ihm bekannt gewordenen 
Angelegenheiten, deren Geheimhaltung ihrer Natur nach erforderlich oder von seinem Vor- 
gesetzten vorgeschrieben ist, Verschwiegenheit zu beobachten, auch nachdem das Dienst- 
verhältniß aufgelöst ist (B.G. Art. 5). Im Zusammenhange hiermit steht die Pflicht, nicht 
nur vor der Abgabe eines Zeugnisses oder eines Gutachtens vor Gericht über Umstände, auf 
welche sich die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht, sondern auch vor der Abgabe eines 
außergerichtlichen Gutachtens als Sachverständiger die Genehmigung der vorgesetzten Dienst- 
behörde einzuholen (C. Pr. O. §§ 341, 373, Str. Pr.O. § 53, B.G. Art. 6) ⁵). Diese Pflicht 
gilt auch für solche Beamte, welche nicht mehr im Dienste sind, sofern es sich um Gegen- 
stände ihrer früheren Amtsführung handelt (C.Pr.O. a. a. O.). 
2. Die Pflicht zum Gehorsam. Diese Pflicht bezieht sich nur auf amtliche 
Geschäfte. Dieselbe findet keine Anwendung auf die Minister und Departementschefs, 
sowie auf die Richter in Beziehung auf Akte des Richteramtes. Denn die Minister und 
Departementschefs sind für jede innerhalb des ihnen zugewiesenen Geschäftskreises von 
ihnen ausgehende Verfügung oder Unterlassung sowie für jede von ihnen kontrasignirte 
Verfügung des Staatsoberhauptes nach §§ 51 und 52 der V. U. formell und materiell 
verantwortlich und können sich hierbei nicht auf einen Befehl des Staatsoberhauptes be- 
rufen. Die Richter dagegen sind nach § 1 des R.G.V.G. (§ 93 der V. U.) in Beziehung 
auf ihr Richteramt nur dem Gesetze unterworfen, womit nicht ausgeschlossen ist, daß die 
Entscheidungen der im Instanzenzuge vorgesetzten Gerichte für die untere Instanz in 
derselben Sache bindend sind ⁶). Für alle anderen Beamten, auch für die Richter, soweit 
es sich nicht um Akte der Rechtsprechung handelt, spricht das B.G. Art. 4 (in Ueber- 
einstimmung mit dem § 10 des R. B. G.) den Grundsatz aus, daß der Beamte „sein Amt 
der Verfassung und den Gesetzen gemäß gewissenhaft wahrzunehmen habe“. Dagegen 
fehlt es an einer dem § 13 des R. B. G. entsprechenden Bestimmung, vielmehr sind in 
Art. 4 des W. B.G. „für die Verantwortlichkeit der Beamten die Vorschriften der §§ 51—53 
der V. U. aufrecht erhalten“. Nach diesen sind nur die bereits erwähnten Depar- 
 
1) Ueber die Anwendung auf Körperschaftsbeamte s. Verw.Nov. Art. 71. 
2) R.V. Art. 21, württ. V. G. vom 23. Juni 1874 Art. 1; das Nähere hierüber s. bei La- 
band R. St. R. I S. 312 f. 438; das württ. Gesetz schließt sich ganz an die R.V. an. Auch bei 
Körperschaftsbeamten soll die Ausübung eines Mandats für eine öffentliche Körperschaft (Reichstag, 
Landtag) keine Verletzung der Dienstpflicht bilden; Verw.Nov. Art. 56. 
3) Das Nähere hierüber s. v. S. 104. 
4) A. a. O. Art. 18. 
5) Aus dem Zusatz „als Sachverständiger“ und aus dem engen Zusammenhange mit den 
gerichtlichen Zeugnissen und Gutachten im R.B.G. wie im württ. B. G. (Art. 6) ergibt sich, daß 
diese Bestimmung sich nur auf eigentliche Gutachten im Sinne des Prozeßrechts bezieht, nicht aber 
auf Meinungsäußerungen über Rechtsfragen, soweit solche nicht in Beziehung zum Amte stehen. 
6) Uebrigens fällt auch die Nichtbeachtung einer rechtskräftigen Entscheidung des Oberrichters 
nicht unter den Gesichtspunkt des disziplinär verfolgbaren Ungehorsams, sondern ist eine Verletzung 
des Gesetzes selbst, welches die Rechtskraft der Entscheidung vorschreibt.
	        
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