148 Viert. Abschn.: Die Organisation d. Staates. III. Centralorgane d. Staatsregierung ꝛc. § 47.
§ 47. IV. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung. Durch die Verletzung der all-
gemeinen wie der besonderen Pflichten des Beamten können Rechtsfolgen verschiedener
Art begründet werden. Die sog. Verantwortlichkeit des Beamten ¹) ist nichts anderes als
die Haftung desselben für die Folgen der Pflichtverletzung. Dieselbe kann eine strafrecht-
liche, eine privatrechtliche oder staatsrechtliche (disziplinarische) sein.
Die eine wie die andere Haftung setzt voraus, daß der Beamte nicht auf Grund
eines für ihn verbindlichen Befehls des dienstlichen Vorgesetzten gehandelt hat (s. o. S. 144 f.);
denn soweit die Gehorsamspflicht reicht, ist der Beamte gegen jede Art von Verant-
wortlichkeit gedeckt. Die Minister und die Departementschefs sind hiernach für ihre
Handlungen und Unterlassungen unbedingt, die Richter bezüglich der in Ausübung des
Richteramtes vorgenommenen Handlungen und Unterlassungen verantwortlich, andere
Beamte und die Richter, soweit es sich nicht um Akte des Richteramtes handelt, nur
unter der Voraussetzung, daß sie kraft eigener Entschließung, ohne eine verbindliche
Weisung eines Vorgesetzten in Ausübung ihres Amtes eine Handlung vorgenommen oder
unterlassen haben.
A. Die strafrechtlichen Folgen. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit setzt im
Gegensatze zur disziplinarischen stets die Verletzung eines bestimmten Strafgesetzes voraus,
sei es nun, daß ein sog. uneigentliches oder ein eigentliches Amtsdelikt (§§ 331 ff. des
Str. G. B.) vorliegt ²). Die strafrechtliche Verfolgung der Beamten wegen der in Aus-
übung oder in Veranlassung der Ausübung ihres Amtes vorgenommenen strafbaren Hand-
lungen (E.G. zum G.V.G. § 11) ist in Württemberg an die Vorentscheidung einer
besonderen Behörde nicht gebunden, kann auch nicht durch Erhebung des Kompetenzkonflikts
gehemmt werden (s. o. S. 129).
B. Die privatrechtlichen Folgen. In Beziehung auf die civilrechtliche Haft-
pflicht der Beamten für Vermögensbeschädigungen, welche sie in Ausübung des Amtes
herbeigeführt haben, gilt in Württemberg das gemeine Civilrecht, nach welchem über die
Voraussetzungen dieser Haftung — abgesehen von der Syndikatsklage gegen richterliche
Beamte — Streit herrscht. Nur für die Beamten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (ins-
besondere für die Mitglieder der Hypothekenbehörden, der mit dem Inventur-, Theilungs-
und Vormundschaftswesen betrauten Behörden, für die mit der Führung des Handels-
registers ꝛc. beauftragten Richter, sowie für die jetzt der streitigen Gerichtsbarkeit zuzurechnende
Thätigkeit der Gerichte und Vollstreckungsbehörden im Mahn-, Schuldklag- und Zwangs-
vollstreckungsverfahren) sind die Voraussetzungen der civilrechtlichen Haftung, sowie der
Umfang derselben besonders geregelt ³). Die Zulässigkeit des Rechtsweges für Ansprüche
aus der civilrechtlichen Haftung der Beamten unterliegt in Württemberg keinem Zweifel;
auch findet eine Vorentscheidung über die Frage, ob eine Dienstpflichtverletzung vorliegt
— im Sinne des § 11 des E.G. z. G. V.G. — nicht statt ⁴).
Streitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche des Staates, der Gemeinden
oder anderer öffentlicher Korporationen gegen öffentliche Rechner oder Kassenbeamte
auf Grund der von diesen geführten Verwaltung sind seit dem Ges. vom 16. Dez. 1876
Art. 2 im Anschlusse an das R.B. G. vor die bürgerlichen Gerichte gewiesen, sofern der
Beamte bei dem von der Dienstaufsichtsbehörde vorläufig zu ertheilenden und nach der
1) Freund a. a. O. S. 108 f., 365 f.
2) Vgl. hierüber Laband, R. St. R. I S. 448 f. Das Nähere gehört in das Strafrecht.
3) Vgl. das Pfandges. von 1825, Art. 223, 225, 234, 238, Not. Ges. von 1843, Art. 67 ff.,
Ausf.Ges. z. C. P.O. Art. 18, 33.
4) Das Nähere hierüber s. bei Gaupp, Anh. zum Komment. z. C. P. O. I S. 14 N. 41;
dort auch gegen die früheren, jetzt nicht mehr festgehaltenen Ausführungen von Sarwey, II S.285.