Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

150 Viert. Abschn.: Die Organisation d. Staates. III. Centralorgane d. Staatsregierung ꝛc. § 47. 
Ordnungsstrafe nicht. Ermahnungen, Rügen, Zurechtweisungen haben nicht den Charakter 
von Disziplinarstrafen, sondern sind Ausfluß der Geschäftsleitung und Oberaufsicht. 
Eine Verbindung von Verweis und Geldstrafe findet nicht statt ¹). 
Zur Verhängung der Ordnungsstrafen sind die vorgesetzten Behörden und Beamten 
befugt. Die Kompetenz hierzu ist nicht, wie im R.B.G., gesetzlich abgegrenzt sondern 
im Weg der K.V.O. nach Verschiedenheit der Verhältnisse in den einzelnen Departements 
geregelt ²). Die Verhängung der Strafe erfolgt unter Angabe der Gründe durch 
schriftliche Verfügung oder zu Protokoll. Vorher ist jedoch dem Beamten Gelegenheit zu 
geben, sich über die ihm zur Last gelegte Verletzung seiner amtlichen Pflichten zu äußern. 
Nur wenn eine Geldstrafe für den Fall der Nichterledigung einer speziellen dienstlichen 
Verfügung binnen einer bestimmten Frist angedroht ist, kann nach Ablauf der Frist die 
Strafe ohne Weiteres angesetzt werden. Gegen die Verhängung der Ordnungsstrafe findet 
eine einmalige Beschwerde an die nächstvorgesetze Behörde statt, gegen Strafverfügungen 
des Vorstandes des Geheimen Rathes, der Departementschefs, der Verwaltungskollegien 
oder ihrer Vorstände an den Verwaltungsgerichtshof ³), gegen Strafverfügungen der Vor- 
stände des Oberlandesgerichts, der Landgerichte oder ihrer Vorstände an das Oberlandes- 
gericht, gegen Strafverfügungen eines Kollegiums jedoch nur dann, wenn auf mehr als 
50 M. oder auf Haft erkannt worden ist. Die Beschwerde ist binnen der Nothfrist 
von 8 Tagen in der Beschwerdeinstanz schriftlich auszuführen. Sie hat aufschiebende 
Wirkung; jedoch können Haftstrafen sofort bis auf die Dauer von 3 Tagen zur „Auf- 
rechterhaltung des amtlichen Ansehens“ vollzogen werden. Gegen Strafverfügungen des 
Oberlandesgerichts, des Verwaltungsgerichtshofes und, in Beziehung auf ständische Beamte, 
der Präsidenten der beiden Kammern und des ständischen Ausschusses ist eine Beschwerde 
nicht zulässig. — Wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses können Ordnungsstrafen auch 
gegen vormalige Beamte erkannt werden ⁴). 
2. Die Entfernung vom Amte kann bestehen: a) in Strafversetzung auf 
ein anderes Amt von gleichem Range und ohne Verlust an Gehalt, oder mit Verminderung 
des Gehalts um höchstens ⅕ desselben — in beiden Fällen (abweichend vom R. B. G.) 
stets ohne Vergütung der Umzugskosten; b) in Dienstentlassung, welche den Verlust 
des Titels und Pensionsanspruchs von Rechtswegen zur Folge hat ⁵). 
Auf Entfernung vom Amte kann auch wegen solcher Handlungen erkannt werden, 
deren sich der Beamte vor der Amtsübernahme schuldig gemacht hat, „wenn dadurch das 
Ansehen des Beamten in dem Grade geschmälert ist, daß diese Maßregel als geboten 
erscheint“. 
Gegen einen bleibend in den Ruhestand versetzten Beamten kann (abweichend vom 
R. B.G.) auf Verlust des Titels und Ruhegehaltes wegen solcher zur Zeit des 
aktiven Dienstes begangener Handlungen ⁶) erkannt werden, welche, wären sie früher be- 
 
Straf.Nov. v. 12. Aug. 1879 u. B.G. Art. 71. Bezüglich der Körperschaftsbeamten s. Gem.- 
Verw.Nov. Art. 57. 
1) Ueber die weitere Ausdehnung der Ordnungsstrafen bei Volksschullehrern s. u. § 51. 
2) S. die Königl. V.O. O. vom 13. Febr. 1877 u. vom 27. Sept. 1879, vom 31. Dez. 1877, 
vom 20. März 1881 §§ 8, 9, 11, 13, vom 3. Oct. 1881 § 4; bezüglich der Körperschaftsbeamten 
Art. 58 u. 59 der Gem.V.Nov. (s. u.). 
3) Gesetz vom 16. Dez. 1876 Art. 73. 
4) B.G. Art. 70, 71, 77-80; s. auch oben S. 132. 
5)   Ein Milderungsrecht in Beziehung auf den Pensionsanspruch (R.B.G. § 75 letzt. Abs.) 
findet in Württemberg nicht statt.        
6)   Unter Handlungen werden hier nicht blos Verletzungen der Dienstpflicht, sondern auch  
gemeine Vergehen und öffentlich strafbare Amtsdelikte verstanden, wenn Beamte, wegen solcher 
zu öffentlicher Strafe verurtheilt worden ist; wogegen der Beamte wegen der nach Auflösung des
	        
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