152 Viert. Abschn.: Die Organisation d. Staates. III. Centralorgane d. Staatsregierung ꝛc. § 48.
3. Das Verhältniß des Disziplinarverfahrens zu dem öffent-
lichen Strafverfahren ist in Uebereinstimmung mit dem R. B.G. geregelt ¹).
Beide sind prinzipiell von einander — was Voraussetzungen und Wirkungen betrifft —
ganz unabhängig, nur darf
a) im Laufe einer gerichtlichen Untersuchung gegen den Angeschuldigten ein Dis-
ziplinarverfahren wegen der nämlichen Thatsachen nicht eingeleitet werden; und
b) wenn im Laufe des Disziplinarverfahrens wegen der nämlichen Thatsachen eine
gerichtliche Untersuchung gegen den Angeschuldigten eröffnet wird, so muß das
erstere bis zur Beendigung des gerichtlichen Verfahrens ausgesetzt werden;
c) führt das Strafverfahren zu einer Freisprechung, so findet wegen derjenigen
Thatsachen, welche in der gerichtlichen Untersuchung zur Erörterung gekommen
sind, ein Disziplinarverfahren nur noch in soweit statt, als dieselben an sich
und ohne ihre Beziehung zu dem gesetzlichen Thatbestande der strafbaren Hand-
lung, welche den Gegenstand der Untersuchung bildete, ein Dienstvergehen ent-
halten;
d) ist im Strafverfahren eine Berurtheilung ergangen, welche den Verlust des
Amtes nicht zur Folge gehabt hat, so bleibt die Einleitung oder Fortsetzung
des Disziplinarverfahrens dem freien Ermessen der Behörde vorbehalten, welche
über die Einleitung des Disziplinarverfahrens zu verfügen hat (s. o.).
4. Die privatrechtliche Ersatzpflicht wegen pflichtwidriger Handlungen oder
Unterlassungen wird durch das Disziplinarverfahren nicht berührt; namentlich wird die
Ersatzpflicht durch die Disziplinarstrafe nicht ausgeschlossen und andererseits bildet das Ur-
theil der Disziplinarbehörde keinen bindenden Vorentscheid für den Civilrichter. Dies gilt
auch für die Ersatzansprüche des Staates und der öffentlichen Korporationen (s. o. S. 148) ²).
§ 48. V. Die Rechte der Beamten. Außer dem besonderen Schutze, welchen der
Beamte in Beziehung auf seine amtliche Thätigkeit nach §§ 102, 113, 114, 196 des
Str. G. B. genießt ³), kommen demselben ⁴) folgende persönliche Rechte zu:
A. Das Recht auf den seinem Amte zukommenden oder ihm besonders verliehenen
Titel und Rang; s. hierüber oben S. 61 f.
B. Das Recht auf das zum Lebensunterhalte bestimmte Diensteinkommen ⁵). Jeder
Beamte, dem ein Amt definitiv (durch Aushändigung der Anstellungsurkunde) über-
tragen worden ist, erlangt — in Ermangelung besonderer Festsetzungen mit dem Dienst-
antritt (s. o. S. 142) — den Anspruch auf das mit dem Amte verbundene Diensteinkommen,
welches der Regel nach in Geld, nur in Ausnahmefällen theilweise in Naturalien besteht.
Personen, welche ohne eine feste Anstellung im Sinne des Art. 1 des B.G. im Staats-
oder öffentlichen Schuldienste beschäftigt oder als verpflichtete persönliche Gehilfen eines
Beamten für Zwecke des Staatsdienstes verwendet werden, haben keinen Anspruch auf
einen bestimmten Gehalt, sondern werden nach dem Maße ihrer Leistungen, regelmäßig
angestellten Körperschaftbeamten enthält Art. 60 der Gem, Verw. Nov. v. 1891; s. auch Fleisch-
hauer, S. 223f.
1) Die Art. 75 ff. des B.G. stimmen wörtlich mit §§ 77 und 78 des R. B. G. überein; vgl.
daher auch Laband, R . St. R. I S. 468.
2) Vgl. auch Laband a. a. O. S. 470.
3) Vgl. Laband a. a. O. S. 473.
4) Neben der Freiheit von der Verpflichtung zur Annahme einer Wahl in den Gemeinderath,
den Bürgerausschuß und die Amtsversammlung sowie zur Leistung von Gemeindediensten (s. d.
Gem.Ang.G. v. 16. Juni 1885 Art. 16 Z. 1 u. Art. 49 b u. die Gem. Verw.Nov. v. 21. Mai 1891
Art. 31). Ueber die Befreiung von Vormundschaften s. Lang, Pers. R. § 97 Nr. 1.
5) Ueber die rechtliche Natur dieses Diensteinkommens s. Laband a. a. O. S. 477.