Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

§ 50. Die Beendigung des Dienstverhältnisses. 163 
1. das 65. Lebensjahr zurückgelegt hat und durch sein Alter in seiner Thätigkeit 
gehemmt oder 
2. wegen eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder 
geistigen Kräfte dienstunfähig geworden oder 
3. durch Krankheit länger als ein Jahr von Versehung seines Amtes abgehalten 
worden ist. 
Die Versetzung in den Ruhestand begründet jedoch ein Recht auf lebenslängliche 
Pension nur nach zurückgelegter neunjähriger Dienstzeit oder wenn die Dienstunfähigkeit 
die Folge einer Krankheit, Verwundung oder sonstigen Beschädigung ist, welche sich der 
Beamte bei Ausübung des Dienstes oder aus Veranlassung derselben ohne eigenes Ver- 
schulden zugezogen hat (s. o. S. 155 u. 158 zu N. 3). Erfolgt die Pensionirung vor 
zurückgelegtem neuntem Dienstjahre, so bedarf es (abweichend vom R. B.G. § 68) eines 
besonderen Disziplinarverfahrens nicht; vielmehr gilt in dem einen wie in dem anderen 
Falle Folgendes ¹). 
Sucht der Beamte aus einem der oben angeführten Gründe um seine Versetzung 
in den Ruhestand nach, so bedarf es der Erklärung der ihm unmittelbar vorgesetzten 
Dienstbehörde, daß sie das Gesuch für begründet erachte. Ob andere Beweismittel zu er- 
fordern oder der Erklärung der vorgesetzten Dienstbehörde entgegen für ausreichend zu 
erachten sind, hängt von dem Ermessen der über die Versetzung in den Ruhestand ent- 
scheidenden obersten Dienstbehörde ab. 
Gegen seinen Willen kann der Beamte nur in dem durch Art. 35 und 
36 des B.G. geregelten Verfahren in den Ruhestand versetzt werden. Hiernach ist dem 
Beamten von der vorgesetzten Dienstbehörde unter Angabe der Gründe und des ihm unter 
Umständen (s. o.) zu gewährenden Ruhegehaltes zu eröffnen, daß der Fall seiner Versetzung 
in den Ruhestand vorliege. Erhebt der Beamte hiergegen innerhalb einer Frist von sechs 
Wochen Einwendungen, oder kann ihm (wegen seines Zustandes ꝛc.) die Eröffnung nicht 
gemacht werden ²), so hat das vorgesetzte Ministerium, sofern es den Fortgang des Verfahrens 
beschließt, einen Beamten mit der Instruktion der Sache zu beauftragen. Dieser hat die 
streitigen Thatsachen zu erörtern und die Zeugen und Sachverständigen zu vernehmen. 
Der zu pensionirende Beamte kann den Vernehmungen beiwohnen, auch ist derselbe zum 
Schlusse über das Ergebniß der Ermittelungen mit seiner Erklärung und seinem Antrage 
zu hören, worauf das vorgesetzte Ministerium, welchem die geschlossenen Akten vorzulegen 
sind, das Weitere verfügt ³). 
Sowohl bei nachgesuchter als bei zwangsweiser Versetzung in den Ruhestand erfolgt 
die Bestimmung darüber, ob und wann dieselbe einzutreten hat, sowie ob und welcher 
Ruhegehalt dem Beamten zusteht, auf den Antrag des vorgesetzten Ministers, nach vor- 
gängigem Einvernehmen mit dem Finanzministerium durch den König. Bestreitet der Beamte, 
daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zwangspensionirung vorliegen, so steht ihm 
noch die Rechtsbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 13 des Ges. vom 16. Dez. 
1876 zu, während Streitigkeiten, welche nur die Bezahlung des Ruhegehaltes oder den 
Betrag desselben betreffen, vor den Civilrichter gehören ⁴). 
1) Die Regierung kann übrigens (s. o. S. 155 N. 1) in einem solchen Falle statt des 
Ruhegehaltes bei vorhandener Bedürftigkeit dem Beamten eine Unterstützung bis zur Höhe von 
40 Proz. des Gehaltes bewilligen; f. Art. 29 und 31 a. a. O. Bezüglich des Ersatzes von Umzugs- 
kosten, wenn der Beamte seinen dienstlichen Wohnsitz außerhalb Landes hat, s. Art. 33. 
2) Die Bestellung eines Kurators ad hoc ist nicht vorgeschrieben. 
3) Art. 35 und 36. Erhebt der Beamte innerhalb der sechswöchigen Frist keine Einwendung, 
so wird verfügt, als wenn er die Versetzung in den Ruhestand selbst nachgesucht hätte; vgl. auch 
Laband, I S. 504 ff. 
4) Art. 2 Nr. 1 a. a. O. u. Mot. u. Komm., Ber. hierzu. 
 
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