Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

166 Viert. Abschn.: Die Organisation d. Staates. III. Centralorgane d. Staatsregierung ꝛc. § 51. 
anwaltschaft durch die Kreisregierung, welche auch die übrigen bei Staatsbeamten dem 
Ministerium zugewiesenen Funktionen ausübt ¹). 
Ueber die vorläufige Dienstenthebung und ihre Wirkungen s. o. 
S. 161 N. 2. 
In Beziehung auf die straf- und civilrechtliche Verantwortlichkeit dieser 
Beamten gilt ganz das oben S. 148 bemerkte. Eine Verantwortlichkeit derselben vor dem 
Staatsgerichtshof besteht nach § 199 der V. U. nicht; s. § 35. 
3. Ohne ein Disziplinarverfahren im rechtlichen Sinne findet die Amtsenthebung 
dienstunfähiger Körperschaftsbeamten statt auf Grund des Gesetzes (A) 
vom 25. Juni 1894. Hiernach können nämlich die auf Lebenszeit oder auf einen bestimmten 
Zeitraum angestellten Beamten der unter Aufsicht des Ministeriums des Innern stehenden 
Körperschaften ²) ohne ihre Zustimmung des Amts enthoben werden, wenn sie entweder 
1. wegen eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche ihrer körperlichen oder geistigen 
Kräfte dienstunfähig geworden, oder 2. durch Krankheit länger als ein Jahr von Ver- 
sehung ihres Amts abgehalten worden sind. Die Enthebung wird ausgesprochen von der 
zur Wahl des Beamten zuständigen Behörde, nur bei den Ortsvorstehern sowie bei den 
Beamten der Amtskörperschaften und Landarmenverbände (s. u. Abschn. VII) von der 
Kreisregierung. 
Gegen diese Verfügung steht dem Beamten, soweit es sich nicht um einen Ortsvorsteher handelt, 
(s. den folg. Abs.) die Beschwerde an die Aufsichtsbehörde bis an das Ministerium des Innern zu, 
ebenso der zuständigen Körperschaftsbehörde, wenn ihre Verfügung abgeändert wurde. Die Kreis- 
regierung entscheidet im Verfahren gegen einen Ortsvorsteher, sowie als Beschwerdeinstanz in der Be- 
setzung mit fünf Mitgliedern, von welchen zwei aus Vertretern des Kreises ³) zu entnehmen sind. Der 
Antrag auf Amtsenthebung der Ortsvorsteher kann von den bürgerlichen Kollegien bei der Kreis- 
regierung gestellt werden, falls diese nicht von Amtswegen das Verfahren einzuleiten beschließt. Wird 
der Antrag der bürgerlichen Kollegien von der Kreisregierung abgelehnt, so steht denselben die Be- 
schwerde an das Ministerium des Innern zu ⁴). Erscheint der Antrag als hinreichend begründet, so 
läßt die Kreisregierung, wenn der Ortsvorsteher innerhalb einer ihm zur Erklärung ertheilten Frist 
Einwendungen erhoben hat, durch eine Kommission die streitigen Thatsachen erheben und entscheidet 
dann nach Anhörung des Ortsvorstehers und der bürgerlichen Kollegien. Erhebt dagegen der Orts- 
vorsteher keine Einwendungen, so verfügt die Kreisregierung sofort ohne weitere Erhebungen auf 
Grund der Akten. 
Gegen die Entscheidung der Kreisregierung steht dem Ortsvorsteher bezw. den bürgerlichen 
Kollegien die Beschwerde an den Disziplinarhof für Körperschaftsbeamte zu. Dieser entscheidet auf 
Grund öffentlich-mündlicher Verhandlung, wenn eine solche von einer der beiden Parteien verlangt 
oder vom Disziplinarhof für nöthig erachtet wird und nicht Gründe im Sinne des § 173 des R.G.V. G. 
entgegenstehen ⁵). 
Die Amtsenthebung der niederen, auf Widerruf oder auf Kündigung angestellten 
Bediensteten erfolgt einfach durch Ausübung des Widerrufs oder der Kündigung von 
Seiten des zuständigen Verwaltungsorgans der Körperschaft ⁶). 
In engsten Anschluß an dieses Gesetz vom 25. Juni 1894 ist durch ein Gesetz vom 
 
1) A. a. O. Art. 64. Ueber eine weitere Funktion dieses Disciplinarhofs s. das Ges. (A) 
v. 25. Juni 1894 Art. 8. 
2) Also namentlich die in Württemberg auf Lebensdauer gewählten Ortsvorsteher, auf welche 
das Gesetz speziell berechnet ist. 
3) Nach den näheren Bestimmungen in Art. 3 des Ges. 
4) Art. 4 a. a. O. vgl. m. Art. 11 Abs. 1 d. G. Verw. Nov. v. 1891. 
5) Das Nähere s. in Art. 4—9 a. a. O. 
6); Vgl. auch Verw. Ed. § 44. Nach Art. 60 der G.V.Nov. v. 1891 kann übrigens auch die 
Kreisregierung bei erwiesener Dienstunbrauchbarkeit solcher niederen Bediensteten, also auch bei 
unverschuldeter Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte die Entlassung verfügen, wenn die 
hierzu zunächst berufene Körperschaftsbehörde einer unter Angabe der Gründe ergangenen Aufforde- 
rung zur Entlassung keine Folge gegeben hat. Vgl. auch bezüglich der körperschaftl. Forstschutzdiener 
Art. 12 des Ges. v. 16. Aug. 1875.
	        
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