§ 51. Anhang. Die Rechtsverhältnisse der Korporationsbeamten und der Volksschullehrer. 167
gleichen Tage eine Pensionskasse für die Beamten der Gemeinden, Stiftungen und sonstigen
unter Aufsicht des Ministeriums des Innern stehenden öffentlichen Körperschaften — jedoch
mit Ausschluß der niederen Bediensteten — errichtet, aus welcher Kasse den dienstunfähigen
Beamten Ruhegehalte und den Hinterbliebenen derselben Sterbenachgehalte und Pensionen
verabreicht werden; und zwar sind alle Körperschaftsbeamte, welche auf die Versehung eines
Berufsamts ihren Lebensunterhalt gründen ¹), verpflichtet ²), der Kasse beizutreten. Die-
jenigen Ortsvorsteher, bei welchen letztere Voraussetzung nicht zutrifft, sowie die in der
Note 1 angeführten Beamten sind dagegen hierzu berechtigt, wenn ihre pensionsberechtigten
Bezüge mindestens 500 Mk. jährlich betragen.
Anderen zum Beitritt nicht verpflichteten Körperschaftsbeamten kann der Beitritt
vom Verwaltungsrath der Kasse mit Zustimmung der Körperschaftsbehörde und mit
Genehmigung des Ministeriums des Innern gestattet werden ³). Durch die Angehörigkeit zur
Pensionskasse erlangen übrigens die Körperschaftsbeamten kein Recht auf Versetzung in den
Ruhestand, dagegen können sie in denselben von der zuständigen Behörde versetzt werden,
wenn sie das 70. Lebensjahr zurückgelegt haben und durch ihr Alter in ihrer Thätigkeit
gehemmt sind, oder wenn einer der beiden oben S. 166 unter 1 u. 2 angeführten Gründe
vorliegt und sie deßhalb nach vollendeten neun Dienstjahren aus dem Amte ausscheiden.
Sie haben dann Anspruch auf einen lebenslänglichen Ruhegehalt aus der Pensionskasse,
sofern nicht die Dienstunfähigkeit durch eigene Schuld des Beamten herbeigeführt wurde.
Wird ein auf Lebenszeit angestellter Beamter vor vollendetem neunten Dienstjahr in den
Ruhestand versetzt, so kann der Verwaltungsrath bei vorhandener Bedürftigkeit statt der Pension
eine Unterstützung bis zur Höhe von 40% der pensionsberechtigten Bezüge bewilligen.
Die Höhe des Ruhegehalts wird berechnet wie bei den Staatsbeamten (s. o. S. 155); der
Höchstbetrag aus der Pensionskasse beträgt 6000 M. Der Sterbenachgehalt entspricht im Wesent-
lichen dem Staatsbeamtengesetz, nur werden andere nahe Angehörige als die Wittwe und die ehe-
lichen Kinder nicht berücksichtigt. Die Wittwenpension beträgt nur ein Viertel des Ruhegehalts des
Verstorbenen, im Uebrigen gelten in Beziehung auf die Berechnung der Pension der Wittwe und
der ehelichen Kinder in der Hauptsache die Bestimmungen des Staatsbeamtengesetzes.
Die Mittel für sämmtliche Leistungen der Kasse werden aufgebracht zunächst durch die Bei-
träge der Kassenmitglieder. Diese bestehen in einem Eintrittsgeld und in Jahresbeiträgen, beides
in demselben Betrag wie die entsprechenden Leistungen zur Wittwenkasse der Staatsbeamten s. o.
S. 156. Der Jahresbeitrag verfällt je auf den 31. März. Soweit die der Kasse obliegenden Leist-
ungen und die Verwaltungskosten, einschließlich der Mittel für den erforderlichen Betriebsfonds durch
die Beiträge der Mitglieder nicht gedeckt werden, ist der Fehlbetrag durch Umlage auf die-
jenigen Körperschaften, in deren Dienst die der Kasse angehörigen Beamten stehen, nach
Maßgabe des Betrags der jeweiligen pensionsberechtigten Bezüge der letzteren zu beschaffen.
Die Verwaltung der Kasse, welche selbständige Rechtspersönlichkeit hat, und ihre Vertretung
in rechtlicher Hinsicht steht unter der Aufsicht des Ministeriums des Innern einem Verwaltungsrath
von neun Mitgliedern zu mit Sitz in Stuttgart ⁴).
II. Die Volksschullehrer. Diese Beamten haben in Württemberg eine eigenthümliche
Zwitterstellung zwischen den Staats- und den Gemeindebeamten und den Kirchendienern.
Dieselben werden von der Oberschulbehörde, also für die protestantischen Volksschulen
durch das Konsistorium, für die katholischen durch den katholischen Kirchenrath ernannt
oder — wo einzelnen Standesherren oder Rittergutsbesitzern das Ernennungsrecht zusteht
— bestätigt ⁵). Dagegen haben die Gemeinden, soweit nicht örtliche Stiftungen hierfür
1) Mit Ausnahme der Verw. Aktuare (s. u. § 73).
2) Ein Verzeichniß der hierzu verpflichteten Korporationsbeamten enthält die Beil. zum Ges.
3) Ueber das Verhältniß zu den an einzelnen Orten bisher schon bestehenden körperschaft-
lichen Pensionsanstalten s. Art. 4.
4) Alles Nähere s. in dem angef. Ges. B v. 25. Juni 1894 Art. 1—43.
5) Das Wahlrecht der Gemeinden, soweit solches früher bestand, ist durch das Schulgesetz von
1836 aufgehoben worden; vgl. hierüber Mohl, II S. 401 N. 10.