Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

196 Sechster Abschnitt: Das Finanzwesen. § 62. 
Dieser Grundsatz gilt hiernach auch für solche Steuern, bezüglich welcher die Art und 
Weise der Erhebung und der Betrag durch besonderes Gesetz geregelt ist. Dies ergibt sich nicht 
nur aus § 109 der V. U., sondern ist durch die seit 1819 bezw. 1830 erlassenen Finanzgesetze, 
in welchen auch bezüglich der bereits durch Gesetz festgestellten Steuern die Verwilligung für die 
Etatsperiode immer besonders ausgesprochen wurde, anerkannt, vgl. auch das neueste Fin.G. 
vom 17. Juni 1893 Art. 3. Die besonderen Steuergesetze regeln hiernach nur die Modalitäten 
der einzelnen Steuern vorbehältlich ihrer Verwilligung (Ausschreibung, V. U. a. a. O.). Es war 
daher ganz konsequent, wenn die Kammer der Standesherren — vgl. Verh. von 1856/60 S. 389 — 
schon im Jahre 1858 aussprach, daß nach dem seit Jahren bestehenden Herkommen auch die in Form 
gewöhnlicher Gesetze verabschiedeten Steuergesetze durch einfaches Fin.G. für den einzelnen Fall modi- 
fizirt werden können; vgl. auch Mohl, 1 S. 647 — Bitzer, Regierung und Stände S. 357. 
Eine Ausnahme machen allerdings die Sportel G., da die Sporteln als Gegenleistung für gewisse 
spezielle Funktionen der Staatsorgane behandelt werden (Not. Sport. G. v. S. Juni 1883 Art. 34 
und Verh. der Abg.K. vom 11. März 1883 B. 1 S. 713f.). Die Ansicht von Sarwey, II 
S. 487, 525, 532 und a. a. OO., daß das Steuerbewilligungsrecht der Stände nach dem Vorgange 
der preuß. und der Reichsgesetzgebung in soweit auszuschließen sei, als die Steuern durch beson- 
dere Gesetze geregelt sind, so daß ein solches in Wirklichkeit nur noch bezüglich der Grund-, 
Gebäude- und Gewerbesteuer — als Umlagesteuer nach Art des Amts- und Gemeindeschadens 
— bestehen würde, widerspricht hiernach dem württemberg. Verfassungsrechte. Damit hängt auch 
auf's Engste zusammen, daß der württemberg. Etat von jeher die Steuern nicht in der von Sar- 
wey angenommenen Reihenfolge aufführt, insbesondere die Grund- und Gewerbesteuer nicht als 
subsidiäres Steuermittel an das Ende, sondern umgekehrt an die Spitze stellt ¹). 
§ 62. I. Die direkten Steuern. Sämmtliche direkte Steuern sind Ertragssteuern; 
das württemberg. Recht kennt die allgemeine Personaleinkommenssteuer nicht, vielmehr ist 
auch die so betitelte Einkommenssteuer eine Steuer aus dem Ertrage bestimmter Ver- 
mögensobjekte. 
A. Die Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer. Diese Steuer, die älteste unter 
den württemberg. Steuerarten ²), ist ursprünglich eine Umlage- oder Repartitionssteuer. 
Als eine Ertragssteuer, welche nicht auf Fassion beruht, setzt dieselbe eine Katastrirung 
sämmtlicher dieser Steuer unterliegenden Objekte d. h. eine Verzeichnung und Einschätzung 
derselben für den Zweck der Steuerberechnung voraus. Eine solche fand nach der Instr. 
vom 24. Jannar 1713 im Herzogthum Württemberg erstmals in den 28 Jahren von 
1713—1741 statt. Durch das Gesetz vom 15. Juli 1821, betreffend die Herstellung 
eines provisorischen Steuerkatasters, wurde dann dieses Steuersystem wesentlich fortgebildet, 
indem dasselbe nicht nur den Grundsatz der Allgemeinheit der Steuerpflicht durchführte, 
sondern auch die Umlage der Steuern, welche bis dahin gesetzlich sich nur bis auf die 
einzelnen Aemter erstreckt hatte, bis auf die Gemeinden herab gesetzlich regelte, wobei 
man auf Grund einer oberflächlichen Schätzung annahm, daß an der umzulegenden 
Gesammtsteuersumme die Gebäude 4/24, die Gewerbe 3/24, das Grundeigenthum 17/24. 
zu tragen haben. Das Gesetz vom 28. April 1873 betr. die Grund-, Gebäude- und 
Gewerbesteuer hat sich nun die Aufgabe gestellt, auf der Grundlage, welche inzwischen 
durch die im Jahre 1820 begonnene, aber erst 1850 zum Abschluß gebrachte Landes- 
vermessung gewonnen worden war, definitive und richtige Kataster für das ganze Land 
herzustellen ³).  
Hiernach sind für die Erhebung dieser Stener folgende Grundsätze maßgebend: 
1. Die Grundsteuer und die damit verbundene Gefällsteuer ist eine Steuer von dem 
nach Kulturarten und Klassen eingeschätzten Reinertrage der einzelnen Grundstücke bezw. der auf 
  
1) S. auch Gaupp, die neuesten Bearbeit. des württemb. St. R. S. 36ff., und oben 
S. 85 N. 3. 
2) Vgl. die Geschichte der direkten Steuern in Württemberg von Riecke in den württemb. 
Jahrb. 1879 S. 71 ff. und Verf. ꝛc. S. 313 f. Diese Steuer hängt mit der Entwicklung des württemberg. 
Verfassungsrechts auf's engste zusammen; s. auch oben S. 77. 
3) Ueber die Fortführung der nach dem Ges. v. 1873 hergestellten Kataster s. d. Verf. d. 
Kataster Komm. v. 16. Febr. 1887 (A. Bl. d. Steuer K. S. 15), vgl. m. d. Min, Verf. v. 6. Mai 
1886 R. Bl. 193.
	        
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