§ 63. Die indirekten Steuern. 201
Renten derjenigen Wittwen, geschiedenen oder verlassenen Ehefrauen, vaterlosen Minderjährigen ¹)
und gebrechlichen Personen, welche im Ganzen nicht mehr als 500 Mark Einkommen beziehen, ferner
ist frei das einen jährlichen Betrag von 350 Mark nicht übersteigende Dienst- und Berufseinkommen,
endlich die Löhnung und Verpflegung der Soldaten, Unteroffiziere, Landjäger, Forst-, Steuer- und
Grenzwächter. Besondere Bestimmungen suchen bei den auf Gegenseitigkeit gegründeten Gesellschaften
und Kassen einer Doppelbesteuerung vorzubeugen ²).
§ 63. II. Die indirekten Steuern. 1. Die Aceise ³) ist eine Auflage auf den
inneren Verkehr mit einzelnen bestimmten Gegenständen und gründet sich auf das Gesetz
vom 18. Juli 1824, welches übrigens durch die Aufhebung der Accisepflichtigkeit für
eine Reihe von Gegenständen ⁴) vielfache Abänderungen erfahren hat.
Der Accise unterliegen jetzt nur noch:
a) Die Kauf- und Tauschkontrakte über liegende Güter, Gebäude, Grundgefälle,
ewige Renten und Realgerechtigkeiten, welche auch dem gerichtlichen Erkenntniß unterworfen sind ⁵).
Die Abgabe ruht auf dem Kauf- und Tauschwerthe. Bei einem Tausche wird die Accise von
jedem der beiden Gegenstände entrichtet. Bei einem Kaufe liegt die Entrichtung dem Verkäufer ob,
welcher dafür haftet, auch wenn er die Bezahlung dem Käufer anbedungen hat. Nur wenn der
Staat verkauft, ist die Accise vom Käufer zu entrichten. Die Arccisepflicht erstreckt sich auch auf
Pertinenzen, Gewerbegeräthschaften und Vorräthe, welche mit einem Gebäude oder Gut in einem
Gesammtverkaufe veräußert werden ⁶). Die Abgabe verfällt bei dem gerichtlichen Erkenntniß über
den Liegenschaftsvertrag (Insinuation). Sie beträgt 1% des Kaufpreises oder des Werthes der
denselben vertretenden Gegenleistung und mit dem seit 1872 bestehenden Zuschlag von 20% —1 ⅕ %.
Ueber das Recht der Gemeinden, einen Zuschlag zur Liegenschaftsaccise zu erheben s. u. § 74.
Frei von der Steuer sind: α) Veräußerungen aus dem unmittelbaren Eigenthum des
Königs, β) Eigenthumsveränderungen, welche zum Behufe von Güterzusammenlegungen für den
Zweck einer Markungs- oder Gewand-Regulirung oder zum Behufe von Feldwegregulirungen oder
von Wässerungsanlagen vorgenommen werden, ferner Tauschverträge, durch welche die Vereinigung
eines Grundstücks des einen Kontrahenten mit einem Grundstücke des andern bewirkt wird, soweit
die Tauschobjekte in Grundstücken bestehen⁷).
b) Die Lotterien dder sonstige Ausspielungen, durch welche ein Unternehmer
Gegenstände verwerthet; sie wird aus dem wirklichen Erlöse der verloosten Gegenstände berechnet
und beträgt nach dem Ges. v. 24. Juni 1875 Art. 5 Z. 2 für Lotterien auf Märkten 2c. täglich
7 Mk., sonst für Reichsangehörige 3 Pf., für Ausländer 5 Pf. von der Mark des Erlöses, dazu
der etatsmäßige Zuschlag von 20 Prozent.
c) Der Accise von Theatern und ausgestellten Seltenheiten urnterliegen Diejenigen,
welche sich selbst oder ihre Kunstwerke oder sonstige Seltenheiten gegen Entgelt zur Schau stellen,
1) Ges. v. 31. März 1887 Art. 1.
2) Vgl. Art. 3 des Ges. v. 19. Sept. 1852 und das Ges. v. 20. Aug. 1861 Art. 1—3,
Ges. v. 24. Juni 1875 Art. 1. Den auf Gegenseitigkeit beruhenden Versicherungsgesellschaften kann
nach dem Ermessen der Centralsteuerbehörde für ihre Aktivzinsen in dem Verhältnisse Steuerfreiheit
gewährt werden, als unter der Versicherungssumme Versicherungsbeträge solcher Personen begriffen
sind, welche außerhalb Württembergs wohnen. Ges. v. 23. Mai 1890 Art. 1.
3) Eine Acciseabgabe bestand im Herzogthum Württemberg seit 1638; sie wurde von der
Landschaft eingezogen; über die Geschichte und Litteratur derselben s. Mohl, II S. 861 Note 1
und dazu Riecke, Verf. S. 342f.
4) Vgl. Riecke a. a. O.
5) Vermögensübergaben unterliegen der Accise nur, wenn sie sich als Kauf- oder
Tauschverträge darstellen; soweit sie eine anticipirte Erbfolge bilden, bezw. die Erbtheilung zu
ersetzen bestimmt sind, unterliegen sie nicht der Accise, sondern der Notariatssportel; vgl. auch
Accifeges. v. 1824 Art. 11, Vollz. V. O. v. 14. Juni 1843 § 17, Ges. v. 8. Juni 1883 Art. 26 u.
württ. Arch. B. XX S. 411, XXII S. 265. Findet aber ein Acciseansatz statt, so ist doch, wenn
ein Heirathsgut abgezogen werden darf, dieses von der Accife befreit. Andererseits ist, wenn wegen
Anbedingung eines Leibgedings der Kaufpreis sich vermindert, der Werth des Leibgedings dem
Kaufpreise zuzurechnen.
6) Vgl. auch württemberg. Arch. B. X S. 238, XIV S. 298, XV S. 334, 341 ff., XVIII
S. 4, XXII S. 284.
7) Art. 4 des Ges. v. 18. Sept. 1852; Feldbereinigungsges. v. 30. März 1886 Art. 63;
bezüglich der Veräußerungsverträge zwischen den Handelsgesellschaften und der Gesellschaft s. W. E.G.
H.G.B. Art. 34 Abf. 5.