202 Sechster Abschnitt: Das Finanzwesen. § 63.
ferner herumziehende Musikanten, welche nicht aus ihrem Musikgewerbe in Württemberg Gewerbe-
steuer bezahlen ¹).
Die Strafen für Defraudation der Accise (a—c) bewegen sich zwischen dem 5—30fachen
Betrage der defraudirten Abgabe nach Art.- 15, des Accise G. von 1824. Zuwiderhandlung ohne
die Absicht der Defraudation wird nach dem Ges. v. 13. März 1881 mit Ordnungsstrafe bis zu
60 M. geahndet.
2. Die Auflage auf die Hunde.
Diese beträgt nach den Gesetzen v. 16. Jan. 1874 und v. 20. Juni 1875 7 Mark von jedem
Hunde, welcher über 3 Monate alt ist. Die Hälfte des Ertrags dieser Steuer in jedem Gemeinde-
bezirke fließt in die Ortsarmenkasse, zu der der Staatskasse verbleibenden Hälfte kommt dann noch
für die Staatskasse ein Zuschlag von 1 Mark auf Grund der neueren Finanzgesetze. Steuerpflichtig
ist derjenige, welcher einen Hund am 1. April im Besitz hat ²). Die Defraudation wird mit dem
vierfachen Betrage der Steuer bestraft oder mit einer bloßen Ordnungsstrafe wie in dem Falle
unter 1 a. E. ³).
3. Die Wirthschaftsabgaben ⁴). Diese Abgaben nehmen ihrem Ertrage nach unter
sämmtlichen Steuern die erste Stelle ein (1893/95 ist der jährliche Reinertrag, ohne die
Wirthschaftssporteln (s. u.), auf 9 320 620 Mark berechnet).
a) Die Ausschankabgabe vom Wein und Obstmost (das sog Umgeld) gründet sich dermalen
auf das Ges. v. 9. Juli 1827 Art. 8—20. Diese Steuer wird nicht aus dem häuslichen Wein-
konsum sondern nur von dem in den Wirthshäusern getrunkenen Wein bei den Wirthen selbst und
zwar durch Kelleruntersuchung und vierteljährlichen Abstich der Getränkevorräthe unter Feststellung
des Ausschankpreises erhoben, sofern nicht, was die Regel bilden soll, mit den einzelnen Wirthen
von drei zu drei Jahren ein Accord über eine von ihnen zu leistende Aversalsumme zu Stande
kommt, wobei dann jede weitere Kontrolle hinwegfällt. — Abgesehen von solchen Accorden beträgt
zur Zeit die Steuer 11 Prozent des Erlöses von dem ausgeschenkten Wein und Obstmost ⁵).
Frei von dieser Steuer ist jeder Verkauf im Großen von 20 Liter an, ferner auf Grund
der Zollverträge der außerhalb des Zollvereins erzeugte, von den Wirthen unmittelbar verzollte
Wein. Für den sogen. Hausbrauch des Wirths wird nach dem Ermessen der Verwaltungs-
behörde mit Rücksicht auf die Zahl der Hausgenossen und den Umfang des Geschäftsbetriebs ein
bestimmtes Quantum freigegeben, ebenso ist von dem zu Grunde gegangenen bezw. zum Brannt-
weinbrennen verkauften Weine kein Umgeld zu entrichten ⁶).
b) Die Abgabe vom Bier wird auf Grund des Ges. v. 8. April 1856 (Fassung v. 12. Dez.
1871 Art. 3—6) in Form einer Malzsteuer erhoben (vgl. auch R.V. Art. 35 Abs. 2). Derselben
unterliegt alles Getreide, das eingeweicht oder im Zustande des Keimens oder Wachsens gedörrt
oder getrocknet und zur Erzeugung von Bier, sei es zum eigenen Gebrauche oder zum Verkaufe,
1) Näheres über den Betrag dieser Accise, ferner über das Verhältniß der Lotterieaccise zu dem
v. 24. März 1881
R.G. v. 1. Juli 1881 und dem württemberg. Sportel G. 16. Juni 1887 s. bei Riecke a. a. O.
2) Vgl. das Ges. v. 8. Sept. 1852 Art. 4 mit dem Fin.G. v. 17. Juni 1893 Art. 3 Z. 4.
Die Gemeinden können daneben einen Zuschlag bis zu 12 M. für jeden Hund erheben f. u. § 74 u.
Ges. v. 2. Juli 1889; M. E. v. 23. Nov. 1889 u. Erl. St. Koll. v. 28. Nov. 1889, A. Bl. Min. d.
Inn. S. 282f. s. auch ebend. 1890 Nr. 4.
3) Ges. v. 13. März 1881. Von der an die Ortsarmenkasse fallenden Hälfte ist der Antheil
der letzteren an dem Aufwand für die Festsetzung der Abgabe (z. Z. 3% des Bruttoertrags) abzu-
rechnen, Ges. v. 1874 Art. 1 (Erl. d. St. Koll. v. 15. Juli 1890). Ueber die Erhebung der Abgabe
s. die Verf. des St. Koll. v. 10. Juni 1874 (A. Bl. 1879 S. 66).
4) Das Historische über diese Abgaben (das Umgeld wird schon 1312 erwähnt) s. bei Mohl,
II S. 867 Note 1 und für die neuere Zeit Riecke, Verf. S. 348 ff. und in den württ. Jahrb.
1871 S. 165f. Für den Begriff des Wirthschaftsgewerbes und für die Konzessionsertheilung gilt
die R.Gew.O. § 33 und die württ. Min. Verf. v. 9. Nov. 1883 §§ 9—19. Die Wirthschaftskonzessions-
sporteln und die neben den Wirthschaftsabgaben jährlich zu entrichtenden Wirthschaftssporteln find
jetzt durch das Sport.G. v. 14./16. Juni 1887 (Tarif Nr. 93 I u. II) geregelt; s. Nr. 4 im Text.
5) So seit 1868; vgl. auch das Fin.G. vom 17. Juni 1893 Art. 3 Z. 5. Nach dem Zoll-
vertrag v. 8. Juli 1868 Art. 5 II § 2 Abs. 2 Lit. c. α. α., beträgt der Maximalsteuersatz 11 Pf.
vom Liter.
6) Ueber die Defraudations- bezw. Ordnungsstrafen bei Zuwiderhandlungen s. das angef.
Ges. v. 9. Juli 1827 Art. 44, 45, 48—55 und das Ges. v. 13. März 1881 u. v. 25. Aug. 1879
Art. 1 ff. 37. Die verschiedenen auf die Erhebung des Umgeldes bezüglichen Normalien s. in
der Sammlung der württ. Staatssteuer G. 1883, S. 261 ff.