Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

232 Siebenter Abschnitt: Die Selbstverwaltung und ihre Organe. I. Die Gemeinden. § 73. 
Abwesenheit unter gemeinschaftlichen Verschluß und Siegel zu nehmen. Die Stimmzählung erfolgt 
durch die Wahlkommission, welche hierzu auch noch andere Mitglieder des Gemeinderaths und 
Bürgerausschusses und den Rathschreiber zuziehen kann. Ueber das Ergebniß ist ein Protokoll 
aufzunehmen und von den Mitgliedern der Kommission zu unterzeichnen. Relative Stimmen- 
mehrheit genügt. Bei Stimmengleichheit geht der Aeltere dem Jüngeren vor ¹). 
Von dem Eintritt in den Gemeinderath²) sind Diejenigen ausgeschlossen, welche mit 
dem Vorstande oder einem andern Mitgliede des Gemeinderaths im ersten oder zweiten Grade — 
nach bürgerlicher Berechnung — verwandt oder verschwägert ³) sind. Eine Dispensation kann nur 
auf den Antrag des Gemeinderaths und Bürgerausschusses und nur, wenn der zu Dispensirende 
durh mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen gewählt ist, von dem Oberamte ertheilt  
werden ⁴). 
Ueber Beschwerden gegen die Giltigkeit einer Gemeinderathswahl entscheidet das Ober- 
amt und bei weiterer Beschwerde die Kreisregierung endgiltig. Nach Ablauf der Frist von acht 
Tagen kann die Giltigkeit der Wahl nur wegen gesetzlicher Mängel in der Person der Gewählten 
angefochten werden. Die in der Zwischenzeit vorgenommenen Handlungen der Gewählten werden 
durch ihren spätern Ausschluß nicht ungiltig. Eine Bestätigung der Wahl durch die Staats- 
behörde findet nicht statt. Dagegen hat der Ortsvorsteher nach Ablauf der achttägigen Frist für 
die Anfechtung die Namen der neugewählten, sowie der aus irgend einem Grunde austretenden 
Gemeinderathsmitglieder dem Oberamte anzuzeigen. Die Beeidigung erfolgt dann in öffentlicher 
Sitzung des Gemeinderaths und Bürgerausschusses durch den Ortsvorsteher ⁵). 
Die Mitgliedschaft im Gemeinderath ⁶) wird — abgesehen von dem Ablauf 
der Wahlperiode — beendigt. 
α) Durch Niederlegung des Amts. Diese ist entweder 
aa) eine nothwendige, durch das Gesetz geforderte: wenn ein Gemeinderath 
die Wählbarkeit verliert, oder einer derjenigen Umstände bei ihm eintritt, durch 
welche das Wahlrecht zeitweise ausgeschlossen ist, s. o. S. 231, oder wenn er 
durch geistige oder körperliche Gebrechen wenigstens ein Jahr lang von der Ver- 
sehung seines Dienstes abgehalten worden ist. Die Entscheidung hierüber steht 
dem Gemeinderath zu; das Oberamt kann aber in diesen Fällen die Nieder- 
legung des Amts von Aufsichtswegen anordnen; 
bb) eine freiwillige auf Verlangen des Mitgliedes, wenn einer der zur Ab- 
lehnung der Wahl von Anfang an berechtigenden gesetzlichen Befreiungsgründe 
während der Amtszeit eintritt (s. o. S. 224 N. 7) ⁷). Aber auch ohne daß ein gesetz- 
licher Befreiungsgrund vorliegt, kann auf Ansuchen die Enthebung aus drin- 
genden Gründen vom Gemeinderath gewährt werden, wenn auch der Bürger- 
ausschuß für die Gewährung des Gesuches sich ausgesprochen hat ⁸). 
Gegen die Entscheidung des Gemeinderaths in den Fällen aa und bb steht dem 
Betheiligten die Beschwerde an das Oberamt; gegen die Entscheidung des Oberamts 
steht in den Fällen unter bb dem Betheiligten, in den Fällen unter aa aber, mag die 
Entscheidung des Oberamts in erster oder in der Beschwerdeinstanz ergangen sein, außer 
dem Betheiligten auch dem Gemeinderath die Beschwerde an die Kreisregierung zu, welche 
endgiltig entscheidet ⁹). 
  
1) Art. 10 u. 11 des Ges. v. 6. Juli 1849. 
2) Also nicht von der Wählbarkeit (s. o.). 
 3) Solange die Ehe besteht; s. auch Min. Erl. v. 22. Nov. 1864, bei Fleischhauer, 
Beil. 17. 
4) Art. 7 u. 8 des Ges. v. 6. Juli 1849. Die Dispensation gilt nur für die Wahlperiode; 
vgl. auch bezüglich der Sportel bei wiederholter Dispensation: Boscher's Z. B. XXXII S. 92, 126. 
5) Vgl. auch Art. 12 des angef. Ges. u. den Min. Erl. v. 23. Juli 1849, bei Fleisch- 
hauer,  Beil. Nr. 18; u. über die Beeidigung des Gewählten die Instr. v. 13. Aug. 1849, ebend. 
Nr. 20. 
6) Gilt auch für die Mitglieder des Bürgerausschusses einschließlich des Obmanns, nicht 
aber für den Ortsvorsteher. 
7) Art. 17 u. 19 des G. A.G. 
8) Art. 19 a. a. O. 
9) Art. 17 Abs. 2, Art. 19 Abs. 2 u. 3; letztere beiden Absätze haben eine inkorrekte Fassung.
	        
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