240 Siebenter Abschnitt: Die Selbstverwaltung und ihre Organe. I. Die Gemeinden. § 73.
ausschuß. Derselbe besteht aus so vielen Mitgliedern, als der Gemeinderath ¹) mit Hin-
zurechnung des Ortsvorstehers zählt. Dies gilt auch für die einzelnen Theilgemeinden,
indem hier dem Theilgemeinderath ein Bürgerausschuß von ebenso vielen Mitgliedern zur
Seite steht ²).
Die Ausschußmitglieder werden auf vier Jahre gewählt. Je nach zwei Jahren tritt die
Hälfte aus und wird durch eine neue Wahl ersetzt, wobei die Austretenden wieder gewählt werden
können ³). Das aktive und passive Wahlrecht steht denselben Personen zu, wie bei der Wahl zum
Gemeinderath (s. o. S. 230 f.), nur sind von der Wählbarkeit ausgeschlossen die Mitglieder des Ge-
meinderaths und die auf Lebenszeit oder auf einen festbestimmten Zeitraum angestellten Gemeinde-
beamten. Auf die Wahl (geheimer Wahlakt, Fortsetzung desselben, Wahlkommission ꝛc. ꝛc.) und auf
die Verpflichtung der Bürgerausschußmitglieder sowie auf die Vornahme außerordentlicher Ergän-
zungswahlen finden die für die Gemeinderathsmitglieder bestehenden Vorschriften entsprechende An-
wendung ⁴). Ueber die Verpflichtung zur Annahme der Wahl gelten dieselben Bestimmungen wie
bei dem Gemeinderath ⁵). Einer Bestätigung bedarf die Wahl nicht (s. o.). Dem Eintritt in den
Bürgerausschuß steht die Verwandtschaft mit Mitgliedern des Gemeinderaths nicht entgegen. —
Den Vorsitz im Bürgerausschuß führt ein Obmann, welcher nebst einem Stellvertreter von
den Bürgerausschußmitgliedern je auf die Dauer von zwei Jahren aus ihrer Mitte — sei es aus
der älteren oder aus der neueintretenden Hälfte — gewählt wird. Tritt der Obmann oder der Stell-
vertreter im Laufe der Wahlperiode aus dem Bürgerausschuß aus, so ist für den Rest der Wahl-
periode unbedingt (s. o.) eine Ersatzwahl vorzunehmen. Die Wahl erfolgt, sofern ein Stellvertreter
nicht vorhanden, unter der Leitung des der Sitzordnung nach ersten Bürgerausschußmitglieds ⁶) in
geheimer Abstimmung nach verhältnißmäßiger Stimmenmehrheit. Auf Ersuchen des Bürgerausschusses
kann auch der Ortsvorsteher die Leitung der Wahlhandlung, aber ohne Stimmrecht, übernehmen ⁷).
Der Obmann hat den Ausschuß wenigstens einmal im Jahre zusammenzuberufen,
um die Gemeinderechnung sammt Beilagen zu prüfen. Bei dieser Gelegenheit kann sich
der Ausschuß zugleich über den Zustand der Gemeinde überhaupt und deren Verwaltung
berathen, seine Wünsche, Vorschläge und Beschwerden den Bemerkungen über die Gemeinde-
rechnung beifügen und mit solchen dem Geneinderathe zur weiteren Berathung übergeben.
Außer dieser jährlichen Zusammenkunft steht dem Obmann frei, den Ausschuß zu jeder
Zeit zusammenzuberufen; nur muß er dann den Ortsvorsteher von dem Gegenstande der
Verhandlung vorher in Kenntniß setzen ⁸). Zu einem giltigen Beschluß des Ausschusses
ist die Anwesenheit von mehr als der Hälfte seiner Mitglieder erforderlich. Der Obmann
selbst führt nur bei Stimmengleichheit eine Stimme ⁹). Zu jeder Sitzung sind sämmtliche
Mitglieder einzuladen. Ueber die Verhandlungen wird kein Protokoll aufgenommen 10).
Die Thätigkeit des Bürgerausschusses (mit welcher der Regel nach keine Belohnung
verbunden) 11) ist eine dreifache:
1) In Städten von mehr als 10 000 Einwohnern mit Einrechnung der besoldeten Gemeinde-
räthe; die Anstellung solcher erfordert daher eine Ergänzung des Bürgerausschusses, Art. 19 der
Verw.Nov. v. 1891 vgl. m. Art. 6 Abs. 2 des Ges. v. 6. Juli 1849.
2) Ges. v. 17. Sept. 1853 Art. 8 Abs. 2 u. 3.
3) Die Wahl findet wie die Gemeinderathswahl allgemein im Monat Dezember statt, jedoch
nur in den Jahren mit gerader Jahreszahl, während in den Jahren mit ungerader Jahreszahl die
Gemeinderathswahlen stattfinden (Art. 75 der Verw.Nov. v. 1891).
4) Art. 9 der Verw. Nov. v. 1891 u. Vollz.Verf. § 6 u. 7. Wird einem Mitgliede des
Bürgerausschusses ein Gemeindeamt im Sinne des Abs. 2 dieses Art. (s. o.) übertragen, so hat es
für den Fall der Annahme dieses Amts aus dem Bürgerausschuß auszutreten.
5) Art. 15—17 des Gem. Angeh. Ges.
6) Also desjenigen Mitglieds der älteren Hälfte, welches bei der Wahl die meisten Stimmen
erhalten hat.
7) S. im Uebrigen Art. 10 der Verw.Nov. v. 1891 u. § 7 der Vollz.Verf.
8) Vgl. Verw. Ed. §§ 58—60.
9) Nur eine scheinbare Ausnahme bildet das unbeschränkte Stimmrecht im Fall des Art. 11
Abs. 1 der Nov.; s. Art. 10 Abs. 4 ebend.
10) V.E. § 61 (51), Nov. v. 1849 Art. 17; Nov. v. 1891 Art. 10.
11) Vgl. übrigens bezüglich der Taggelder bei gewissen Verrichtungen die V.O. v. 22. Febr.