Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

244 Siebenter Abschnit: Die Selbstverwaltung und ihre Organe. I. Die Gemeinden. § 73. 
Die Verwaltung der Gemeindestiftungen, soweit sie dem Gemeinderath bezw. seinem 
Ausschuß zusteht, also auch in den Fällen α und β  (s. u.), ist von derjenigen des Ge- 
meindevermögens getrennt zu halten. Auf die Verwaltung finden zunächst die besonderen 
Bestimmungen des Art. 47 ff. der Verwaltungsnovelle ¹), im Uebrigen aber die allgemeinen 
Vorschriften über die Verwaltung des Gemeindevermögens Anwendung. Die Aussicht 
über diese Verwaltung wird unter der Oberaufsicht der Kreisregierung und des Mini- 
steriums des Innern durch das Oberamt, in den Fällen unter β  (s. nachher) in Gemein- 
schaft mit dem betreffenden Decan (gemeinschaftliches Oberamt) geführt, wobei dem Ober- 
amt die gleichen Befugnisse zustehen, wie hinsichtlich der Beaufsichtigung der Gemeinde- 
verwaltung. 
Besondere (gemischte Behörden) an der Stelle des Gemeinderaths sind 
nur bestellt 
α. für die Verwaltung der ausschließlich dem Zwecke der öffentlichen Armenunter- 
stützung gewidmeten Stiftungen: die Ortsarmenbehörde)²), bezw. die 
etwa eingesetzte Armendeputation (s. Nr. 2). 
β . Bei der Verwaltung der theils für kirchliche, theils für andere 
Zwecke bestimmten Stiftungen, ferner der mehreren Konfessionen gemeinsam 
gewidmeten Kirchenstiftungen und der Meßnereigüter, im Falle der Verbindung 
der Meßnerei mit einem Schuldienst, treten die Ortsgeistlichen desjenigen 
Bekenntnisses, dessen Angelegenheiten durch die Verwaltung jener Vermögens- 
theile berührt werden, zu dem Gemeinderath als stimmberechtigte Mitglieder 
hinzu. Dasselbe gilt auch, wenn ein Verwaltungsausschuß (s. o.) bestellt worden, 
jedoch mit der Beschränkung, daß sich hier nur die — dem Dienstrang bezw. 
dem Dienstalter nach — ersten drei Ortsgeistlichen des betreffenden Bekennt- 
nisses zu betheiligen haben. Die Leitung der Geschäfte steht — in dem einen 
wie im andern Fall — dem Ortsvorsteher und dem ersten Ortsgeistlichen, bezw. 
ihren Stellvertretern gemeinschaftlich zu, dem Geistlichen gebührt die erste 
ordentliche, dem Ortsvorsteher im Falle der Stimmengleichheit die entscheidende 
Stimme. Nehmen Geistliche verschiedener Bekenntnisse an den Verhandlungen 
Theil, so kommt der Antheil am Vorsitz dem Geistlichen des in der Gemeinde 
überwiegenden Bekenntnisses zu ³). 
Ueber die dieser gemischten Verwaltung unterliegenden Vermögentheile 
(s. o.) ist stets eine besondere Rechnung zu führen, auch dürfen sie mit Stif- 
tungen anderer Art nicht vereinigt werden ⁴). 
Auf die Verwaltung der besonderen Behörden (α und β ) finden die 
Vorschriften über die gemeinderäthliche Verwaltung der Stiftungen (s. o.) An- 
wendung. 
b) In den Gemeinden, in welchen die Ausscheidung des örtlichen Kirchenvermögens 
nicht stattgefunden hat, besteht 
α. zur Verwaltung und Beaufsichtigung der vorhandenen Stiftungen für Kirchen-, 
Schul- und Armenbedürfnisse — soweit sie nicht der Verwaltung der Orts- 
 
1) Verw.Nov. Art. 53. Hiernach bestimmt sich namentlich, in welchen Fällen die Beschlüsse 
des Gemeinderaths in Stiftungsangelegenheiten der Zustimmung des Bürgerausschusses (Art. 51) 
unb in welchen sie der Genehmigung der Staatsaufsichtsbehörde (Art. 55) bedürfen: vgl. auch 
Fleischhauer a. a. O. S. 163 ff. 173. 
2) Diese Behörde besteht auch in denjenigen Gemeinden, in welchen die Ausscheidung des 
kürchlichen Vermögens nicht stattgefunden hat; denn ihre Einsetzung gründet sich schon auf die frühere 
Gesetzgebung vor den Kirchengesetzen von 1887 f. u. 
3) S. Art. 45 der Verw. Nov. 1891. 
4) Art. 47 Abs. 3, Art. 48 Abs. 3 a. a. O.
	        
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