§ 74. Der Gemeindehaushalt. 249
und Ungebühr, bezw. wegen Uebertretungen — gemäß dem Gesetze vom 12. August 1879
betr. das Verfahren bei Erlassung polizeilicher Strafverfügungen Art. 2, 5, 10, 11, 25 —,
ferner wegen forstpolizeilicher Uebertretungen in dem Walde einer Gemeinde, Stiftung
oder sonstigen öffentlichen Körperschaft ¹) — nach Maßgabe der Art. 35 und 40 des Forst-
polizeigesetzes vom 8. September 1879 — fließen nämlich in die Gemeindekasse; ebenso
die wegen Gefährdung der Kapital- oder Einkommensteuer in Beziehung auf die Ge-
meindebesteuerung (s. 3. b. 8. und Art. 5 des Ges. v. 15. Juni 1853), sowie wegen Hinter-
ziehung örtlicher Verbrauchsabgaben (Art. 23 des Ges. v. 23. Juli 1877) und die nach
dem R.G. über die Beurkundung der Personenstandes v. 6. Febr. 1875 angesetzten Geld-
strafen.
3. Der Ertrag der Gemeindesteuern. Diese sind theils persönliche Abgaben
(Personalsteuern), welche erhoben werden, auch wenn die Gemeinde so viele sonstige Ein-
nahmen hat, daß sie derselben nicht bedarf, theils Abgaben vom Vermögen oder Ein-
kommen und Verbrauchssteuern, welche nur in dem Maaße erhoben werden, als die
übrigen Einnahmen zur Bestreitung der Gemeindebedürfnisse nicht hinreichen.
a) Personalsteuern sind die Wohnsteuer und die Recognitionsgebühr; s. o.
S. 226 u. 228. Erstere darf die Gemeinde von allen im Gemeindebezirke wohnenden,
selbständig auf eigene Rechnung lebenden Personen erheben; sie beträgt je nach der Klasse
der Gemeinde im Maximum 4, 3 bezw. 2 Mark; für selbständige Frauen die Hälfte.
Maßgebend ist der 1. April für das ganze Rechnungsjahr. Befreit sind nur die Land-
jäger und die zur Klasse der Unteroffiziere und Gemeinden gehörenden Personen des
Soldatenstandes am Ort ihres dienstlichen Aufenthalts ²). Die Recognitionsgebühr
ist in derselben Höhe wie die Wohnsteuer von jedem Gemeindebürger, welcher das
25. Lebensjahr vollendet hat und außerhalb des Gemeindebezirks wohnt, zu entrichten.
Ueber den Zuschlag für etwaige Gemeindenutzungen (s. o. S. 223 f. ³)).
b) Realsteuern i. w. S. α Der „Gemeindeschaden“. Soweit die vor-
stehenden Einkünfte der Gemeinde und die nachher unter β bis ε anzuführenden Steuern
zur Deckung des Gemeindeaufwandes nicht zureichen, ist das Defizit alljährlich auf die
steuerpflichtigen Grundstücke, Gefälle, Gebäude und Gewerbe nach dem Staats-
steuerkataster ohne Beschränkung auf ein bestimmtes Maß umzulegen, wobei die für die
Staatssteuer gegebenen Gesetze vom 28. April 1873 und vom 6. Juni 1887 betr. die
Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer (s. o.) auch auf die Besteuerung für Gemeinde-
zwecke Anwendung finden ⁴). Jedoch kann das hier bestimmte Beitragsverhältniß mit
Genehmigung des Ministeriums des Innern (welche jedoch nur für zwei Jahre gilt),
zunächst bis zum 31. März 1897 in Gemeinden von mehr als 4000 Einwohnern durch
Beschluß der Gemeindekollegien dahin abgeändert werden, daß das Gewerbekataster um
15 % der gesammten Umlagesumme erleichtert wird. Eine Mehrbelastung des Grund-
katasters ohne gleichzeitige höhere Belastung des Gebäudekatasters ist aber nicht zulässig;
auch darf die Mehrbelastung keines dieser zwei Kataster das Verhältniß überschreiten, in
welchem jedes derselben zur Staatssteuer beizutragen hat ⁵). Diese direkte Gemeindesteuer
aus Grundeigenthum und Gewerbe — ohne Rücksicht auf Gemeindeangehörigkeit des
Pflichtigen — führt seit alten Zeiten den Namen Gemeindeschaden. Ausgenommen von
1) Soweit sie von einer Staatsbehörde angesetzt sind, fallen sie in die Staatskasse.
2) Gem. Ang. G. Art. 22, 55, 56.
3) A. a. O. Art. 34.
4) Vgl. V. Ed. § 25, Ges. v. 23. Juli 1877 betr. d. Besteuerungsrechte der Amtskorp. u.
Gemeinden u. das Ges. v. gl. Tage betr. die Bereinigung der Markungs= u. Steuergrenzen sowie
das Ges. v. 14. Juni 1887.
5) Ges. v. 14. Juni 1887 u. die Erl. v. 16. Mai u. 2. Juli 1887 (A.Bl. 225, 293).