250 Siebenter Abschnitt: Die Selbstverwaltung und ihre Organe. I. Die Gemeinden. § 74.
dieser Umlage sind nur diejenigen Grundstücke und Gebäude, welche ihrer Hauptbestim-
mung nach zu öffentlichen Zwecken dienen, ohne dem Eigenthümer einen ökonomischen
Nutzen abzuwerfen, ferner die in der Krondotation begriffenen Königl. Schlösser (mit
Gärten und Anlagen) und die Amtswohnungen und Besoldungsgüter öffentlicher Diener,
soweit diese Güter mit ihrem Nutzungswerthe der Diensteinkommenssteuer (s. u. β) unter-
liegen. Die zum Diensteinkommen gehörigen Güter und Gefälle sind nämlich von der
Beiziehung zur Körperschaftssteuer nur insoweit freizulassen, als die Staatssteuer nach
Maßgabe des Steuerkatasters 20 M. nicht übersteigt oder doch im Falle der Er-
hebung übersteigen würde. Der zur Grundsteuer beigezogene Nutzungswerth wird dann
aber von demjenigen Einkommen abgezogen, welches der Diensteinkommenssteuer unter-
liegt ¹).
Dagegen finden die sonstigen Befreiungen von der Staatssteuer aus Grundeigenthum
und Gewerbe (z. B. des Staatseigenthums ꝛc.) auf die Gemeindebesteuerung keine An-
wendung. Die auf Rechnung des Staates betriebenen Salinen, Hüttenwerke und Eisen-
bahnen, sowie die Privatbahnen werden jedoch der Gemeinde gegenüber nicht zur Gewerbe-
steuer beigezogen, sondern nur für die zum Betriebe verwendeten Grundstücke und Gebäude
verhältnißmäßig mit Grund- und Gebäudesteuer belegt ²).
Der Beiziehung zum Gemeindeschaden unterliegen auch die Wandergewerbe
und zwar die Wanderlager (Ges. vom 28. April 1873, Art. 99 Z. 1—3) je in dem
Orte, wo die Verkaufslokale sich befinden; die Hausirer dagegen (a. a. O. Art. 99 Z. 4—7),
wenn sie in Württemberg einen Wohnsitz haben, an letzterem ³). Ueber die sog. Aus-
dehnungsabgabe und die Gewerbesteuer derjenigen Hausirer, welchen keinen Wohnsitz in
Württemberg haben — an die Amtskörperschaftskasse, s. u.
In Theilgemeinden wird der örtliche Aufwand, soweit die örtlichen Einnahmen
nicht zureichen, auf dieselbe Weise umgelegt und zwar neben dem Gemeindeschaden für die
Gesammtgemeinde. Der letztere kann übrigens auch — anstatt auf die einzelnen Pflichtigen
— auf die Theilgemeinde selbst vertheilt und dann, wenn die einzelne Theilgemeinde
hinreichende Einkünfte besitzt, aus diesen bestritten, wo nicht, in die Theilgemeindeumlage
eingerechnet werden ⁴).
β) Renten- und Diensteinkommensteuer. Die Apanagen, Kapitalien und
Renten, sowie das Dienst- und Berufseinkommen der im Bezirke wohnenden Personen
dürfen von den Gemeinden und Amtskörperschaften, jedoch nur unter der Voraussetzung,
daß dieselben auch vom Grundeigenthume u. s. w. (s. α) eine Steuer zu fordern genöthigt
sind, mit einer Steuer belegt werden, welche ein Procent des für die Staatsbesteuerung
ermittelten steuerbaren Jahresbetrages (s. o. S. 199) nicht übersteigen darf. Von diesem Pro-
cent gebühren 1⁄3 der Amtskörperschaft, 2⁄3 der Gemeinde. Verzichtet die erstere auf
ihren Antheil oder nimmt sie denselben nicht vollständig in Anspruch, so tritt die Gemeinde
an ihre Stelle. Die volle Erhebung von einem Prozent für die Gemeinde setzt einen
Gemeindeschaden (s. o.) von wenigstens 5⁄24 der Staatssteuer voraus; beträgt er weniger,
so darf auch vom Kapital-, Renten- und Diensteinkommen nicht ein Prozent, sondern nur
nach Verhältniß weniger erhoben werden ⁵).
1) Ges. v. 18. Juni 1849 Art. 8. u. Ges. v. 5. Okt. 1858 (M.V. v. 7. Okt. 1858) vgl. m.
d. Ges. Nr. 2 v. 23. Juli 1877 Art. 2 letzter Abs.
2) Ges. v. 18. Juni 1849 Art. 9; Ges. Nr. 2 v. 23. Juli 1877 Art. 3, 8.
3) Ges. v. 28. April 1873 Art. 85, Ges. v. 23. Mai 1890 Art. 1 ff. M. Verf. v. 28. Okt.
1890. M. Erl. v. 29. Nov. 1890 u. 30. Mai 1892, bei Fleischhauer S. 775 u. 1154.
4) Ges. v. 17. Sept. 1853 Art. 14.
5) Vgl. das Ges. v. 15. Juni 1853 nebst der M.Verf. v. 29. Aug. 1853, sowie das Ges.