* 76. Die Aufgaben der Amtskorporationen. 255
ihrer Vertheilung unter die dem Verband angehörigen Gemeinden; d. über die Voraus-
setzungen und Formen der Auflösung des Verbands oder das Ausscheiden einzelner Gemein-
den aus demselben.
Auf die Verwaltung der Verbandsangelegenheiten finden die Bestimmungen über
die Verwaltung der Gemeinden (Etat, Jahresrechnungen, Staatsaufsicht) entsprechende
Anwendung, und zwar ist der Gemeindeverband, soweit die Klasseneintheilung in Frage
kommt, derjenigen Klasse, in welcher sich die einzelnen Gemeinden befinden, gehören diese
aber verschiedenen Klassen an, der höheren Klasse beizuzählen. Erstreckt sich der Berband
über mehrere Verwaltungsbezirke, so wird die Aufsicht von derjenigen Staatsbehörde
geführt, in deren Bezirk die Vertretung des Verbandes ihren Sitz hat.
II. Kapitel.
Die Amtskörperschaften.
Litteratur s. o. S. 219 N. 3, 220.
§ 76. I. Die Aufgaben der Amtskorporationen. Sämmtliche Gemeinden eines Ober-
amtsbezirks bilden eine Körperschaft mit selbständiger Vermögensverwaltung 1). Eine Ver-
änderung des Oberamtsbezirks kann nur im Wege der Gesetzgebung erfolgen?). Die Auf-
gabe dieser Körperschaften, deren das Land hiernach — ohne die Residenzstadt Stuttgart
— 63 zählt, ist eine dreifache.
1. Die Amtskorporation hat die den sämmtlichen oder doch der Mehrzahl der Ge-
meinden eines Oberamts gemeinschaftlichen Zwecke auf gemeinschaftliche Kosten
zu verfolgen ). Die Rechte und Pflichten derselben sind in dieser Beziehung nicht
näher gesetzlich bestimmt, sodaß die einzelnen Korporationen nach ihrem Ermessen die
Grenzen ihrer Wirksamkeit auf dem Gebiete der Selbstverwaltung enger oder weiter
ziehen können?).
Es gehört hierher namentlich die Herstellung und Unterhaltung der Nachbarschafts-
wege, die Anstellung von ärztlichem und thierärztlichem Personal, von Bautechnikern,
die Errichtung von Kranken= und Armenhäusern für den ganzen Oberamtsbezirk oder
einzelnen Theilen desselben, von Sparkassen; die Pflege landwirthschaftlicher Interessen,
die Unterhaltung von Lehranstalten zu diesem Behuf. Die Korporation kann ferner ein-
zelne an sich den Gemeinden obliegende Aufgaben in Vertretung derselben durch das
von ihr angestellte Personal zur Ausführung bringen.
2. Seit alten Zeiten dient das Institut dazu, öffentliche Lasten, welche zunächst
nur einzelne Gemeinden um ihrer geographischen Lage willen oder aus anderen Gründen
treffen, auf die anderen Gemeinden des Bezirks zu vertheilen und damit eine billige Aus-
gleichung herbeizuführen, z. B. die Quartierlast im Krieg und Frieden 5), Lieferungen an
1) Ueber das Geschichtliche s. o. S. 219.
2) V. U. § 64. Bis jetzt liegen nur zwei solcher Gesetze vor: das Ges. v. 6. Juli 1842
u. das Ges. v. 6. Juni 1882. Auf bloße Aenderungen der Markungsgrenzen findet dies keine An-
wendung; hierzu bedarf es nur einer Uebereinkunft der bürgerlichen Kollegien beider Gemeinden u.
der Genehmigung der Kreisregierung.
3) Den Gegensatz bilden solche Zwecke, welche dem ganzen Lande gemeinsam sind, also keine
spezielle Beziehung zu dem Amtsbezirke haben, u. solche, welche nur eine einzelne Gemeinde berühren;
s. Verw. Ed. § 75 vgl. m. V. U. § 68.
4) Vgl. auch Mohl, II S. 217. Soweit innerhalb der angegebenen Grenzen des § 75 des
V. Ed. der Kreis der Aufgaben durch Beschluß der Amtsversammlung erweitert wird, bedarf es einer
höheren Genehmigung an sich nicht; auch steht den einzelnen Gemeinden ein Beschwerderecht gegen
solche Beschlüsse nicht zu; s. A. Bl. d. Min. d. Inn. 1882 S. 107.
5) Diese ist zwar jetzt für die militärischen Leistungen gegenüber dem Reiche reichsgesetzlich