Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

298 Achter Abschnitt: Die Landesverwaltung. II. Die Verwaltg. d. inneren Angelegenheiten. § 88. 
auch auf andere ansteckende Krankheiten ausgedehnt werden, wie auf Typhus, Diphtherie 
und Scharlach; das Zuwiderhandeln ist dann aber nur disciplinär strafbar 1). Ist bei 
sehr gefährlichen Epidemien die unmittelbare Staatsfürsorge geboten, so kann auf den 
Bericht des Oberamtes und des Oberamtsarztes diese vom Medicinalkollegium verfügt 
werden. Die Reisen des Oberamtsarztes und des behandelnden Arztes, die Kosten der 
für allgemein medicinisch-polizeiliche Zwecke verschriebenen Mittel und der an einzelne 
Kranke vertheilten Arzneien sind dann nach den näheren Bestimmungen der angef. Verf. vom. 
14. Okt. 1830 88§ 1—8, 34 u. 35 zu ⅜¾8 von der Staatskasse zu tragen, wogegen das 
letzte Drittel sowie der öffentliche Aufwand auf örtlich polizeiliche Maßregeln der Ge- 
meinde zur Last fällt. Besondere Bestimmungen über die Desinfektion beschmutzter 
Kleidungsstücke, Wäsche und Betten durch Pfandleiher, Rückkaufshändler und Trödler ent- 
hält die M. V. vom 15. März 1882 7. 
a) Die Zwangsimpfung gegen Menschenpocken ist durch das Reichsimpfgesetz 
vom 8. April 18743) geregelt. Für die Beschaffung des Impfstoffes sind staatliche Anstalten 
zur Erzeugung animaler Lymphe eingerichtet ). Bei öffentlichen Impfterminen darf nur 
Lymphe aus staatlichen Anstalten verwendet werden. Wird bei Privatimpfungen Lymphe 
aus einer anderen Anstalt verwendet, so hat sich der Arzt zuvor zu vergewissern, daß 
die Anstalt den angeführten Vorschriften (N. 3 u. 4) entspricht ). Die Belohnung der 
Impfärzte und die Tragung der Kosten der öffentlichen Impfungen durch die Gemeinden 
ist durch ein Gesetz vom 23. März 1875 geregelt ). Mit den Maßregeln bei dem Ausbruch 
der Pocken, insbesondere den Absperrungsmaßregeln, der Wart und Pflege der Kranken 
und der Besorgung der Pockenleichen beschäftigt sich eine besondere M. Vf. vom 28. April 
1888 (RN. Bl. 227), während die Beerdigung der an Pocken Verstorbenen selbst durch die 
V.O. vom 24. Jan. 1882 geregelt ist. 
b) Die Schutzmaßregeln gegen die Cholera sind jetzt unter Aufhebung der 
früheren Verfügungen aus den Jahren 1884 u. 1892 niedergelegt in der M. Vf. vom 
1. Aug. 1893 (R. Bl. S. 245 ff.) sammt Beil. Vgl. auch die internat. Uebereinkunft v. 
15. April 1893 (R.G. Bl. 1894 S. 343) und die württ. Min. V. v. 2. Febr. 1894 
(R. Bl. S. 17). 
c) Maßregeln gegen die Krätze sind in einer M.f. vom 23. März 1876 
enthalten. Es sollen hiernach krätzkranke Reisende angehalten werden, sich unter Unter- 
brechung ihrer Reise dem Heilverfahren in öffentlichen Krankenanstalten zu unterwerfen. 
Auch den Schullehrern, Hausvätern, Handwerksvorständen, Fabrikinhabern, Gastwirthen 
und Herbergsinhabern 2rc. sind Pflichten in Beziehung auf die Anzeige von Krätzkranken 
und deren Absonderung auferlegt. Wenn die Zuweisung solcher Kranken an ein öffent- 
liches Krankenhaus nicht angeht, hat die Heilung in einem von der Gemeindebehörde an- 
zuweisenden, hierzu einzurichtenden Lokal unter ärztlicher Anleitung zu geschehen. 
2. Der Schutz gegen gesundheitsgefährliche Nahrungsmittel, Genußmittel 
und Gebrauchsgegenstände. Die Grundlage dieses Schutzes bildet das R.G. vom 
  
1) S. A. Bl. d. Min. d. Inn. 1883 S. 375 u. M.Verf. v. 29. Okt. 1883 ebend. S. 297. 
2) Dieselbe kann auch für andere Fälle angeordnet werden auf Grund des Pol. Str. G. Art. 25 
Z. 4, 32 3. 5, 51 ff. 
3) Vgl. die Württ. Vollz.-Verf. zum R.Impf G. v. 28. April 1888 mit Beil. (Regb. S. 173) 
In Württemberg war übrigens die Zwangsimpfung schon durch ein Gesetz v. 25. Juni 1818 ein- 
geführt, vgl. Mohl, II S. 334 zu N. 8ff. 
4) Ueber ihre Einrichtung s. Beil. D. der Vollz. Verf. v. 1888. 
5) Vollz. V. 8§§ 19—21. 
6) Nur die Kosten für die Beschaffung u. Versendung animaler Lymphe trägt die Staatskasse. 
Vollz.Verf. § 24.
	        
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