Full text: Zentralblatt für das Deutsche Reich. Zweiundvierzigster Jahrgang. 1914. (42)

196 Die ästerreihhischenngarische Menarthie. (April 12. Mitte.) 
stütze, und daß darüber mit allen Mächten, auch mit England, volles Ein- 
vernehmen bestehe. Die Agitation der englischen Balkanliga und anderer 
humanitärer englischer Vereine gebe absolut nicht der amtlichen englischen 
Politik Ausdruck. Zum Schluß bespricht der Minister das Projekt der Trans- 
balkanischen Eisenbahn und erklärt, es wäre weder zweckmäßig, noch würdig, 
dieses wirtschaftliche Projekt zu bekämpfen. Es sei jedoch nicht angezeigt, 
die Wahrung der eigenen Verkehrsinteressen hier näher zu erörtern. — 
Das Abgeordnetenhaus nimmt die Antwort einstimmig zur Kenntnis. 
12. April. (Ungarn.) Abgeordnetenhaus. Debatte über 
das Volksschulgesetz. 
Abg. Melzer (Sachse): Er erkenne an, daß die Erlernung der 
ungarischen Sprache nützlich und notwendig sei. In den Schulen der 
Sachsen werde dieser Pflicht auch entsprochen, wenngleich nicht immer mit 
entschiedenem Erfolge. Die Anordnung in der Vorlage bezüglich der Er- 
lernung der ungarischen Sprache, über die disziplinarische Bestrafung der 
Vernachlässigung des ungarischen Unterrichts erscheine ihm doch als zu 
weitgehend, sie könne seitens der Regierungsorgane zu Willkürakten miß- 
braucht werden. Es werde nicht immer an der Spitze der Unterrichs- 
verwaltung ein Mann stehen wie der gegenwärtige Minister, in den er 
volles Vertrauen setze. Infolge dieser Bedenken gegen die Gesetzesvorlage, 
die vom Standpunkte der Pädagogik, der Schulautonomie und der einzelnen 
Konfessionen zu vielen Einwendungen Anlaß biete, müsse er namens der 
Sachsen die Vorlage ablehnen. Unterrichtsminister Graf Apponyi weist 
darauf hin, daß es sich gegenwärtig darum handle, das Volksschulgesetz 
mit einer größeren Wirksamkeit auszustatten, da die älteren Anordnungen 
bezüglich der ungarischen Sprache als Lehrgegenstand keinen Erfolg 
hatten. Man müsse den nichtungarischen Volksgenossen die Gelegen- 
heit zur Erlernung der ungarischen Sprache bieten, damit die einzelnen 
Volksstämme nicht hermetisch voneinander abgeschlossen seien. Man dürfe 
die nichtmagyarischen Staatsbürger nicht in einer künstlichen Unkenntnis 
der ungarischen Staatssprache erhalten, da sie dadurch auch von der poli- 
tischen Betätigung ausgeschlossen würden. Es werfe ein schlechtes Licht 
auf ihre Staatstreue, wenn einzelne Agitatoren unter den Rumänen und 
Slowaken bezüglich der Bildung ihre Stammesgenossen den Magyaren 
gegenüber lieber in Nachteil setzen wollten, nur damit diesen infolge der 
Aneignung der ungarischen Sprache nicht mehr Anhänglichkeit und Hin- 
gebung für den Staat eingeflößt werde. Was die angebliche pädagogische 
Schwierigkeit betreffe, so verweist der Unterrichtsminister auf die Volks- 
schulen der Schweiz und Belgiens, wo zweisprachiger Unterricht erfolg- 
reich erteilt werde. Was die Ausübung des Disziplinarrechts betreffe, so 
bleibe sie in jeder Beziehung den bisherigen Schulunterhaltern vorbehalten. 
Nur im Falle einer staatsfeindlichen Agitation schreite die Staatsbehörde 
ein, und dann, wenn das konfessionelle Aufsichtsorgan es unterlasse ein- 
zugreifen. Das staatliche Oberaussichtsrecht werde nirgends in Europa 
mit größerer Zurückhaltung und Bescheidenheit und mit mehr Achtung 
vor der Selbstverwaltung geübt. Der vorliegende Gesetzentwurf greife 
nirgends in den Wirkungskreis einzelner Konfessionen oder Nationalitäten 
ein. (Lebhafter Beifall.) 
Mitte April. (Wien.) Der Führer der Christlich-Sozialen, 
Weißkirchner, sagt über die von Ungarn gewünschte Zolltrennung: 
„Will Ungarn die Zolltrennung, so werden wir das ungarische Mehl 
und den ungarischen Wein mit Zöllen belegen. Wir werden den ungarischen
	        
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