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§ 94. Münze, Maß und Gewicht. A. Münzwesen). Auf Grund des Art.
4 3. 3 der R.Verf. ist mit dem R.G. v. 4. Dez. 1871 betr. die Ausprägung von
Goldmünzen u. dem Reichsmünzgesetz v. 9. Juli 18732) das bisher landesherrliche Münz-
regal 3) auf das Reich übergegangen. Das ganze Münzwesen wird jetzt ausschließlich durch
die R.Gesetzgebung geregelt. Die württ. Münzanstalt prägt nur noch im Auftrag und
auf Rechnung des Reichs?). "
B. Maße u. Gewichte. Diese sind durch die Maß= und Gewichtsordnung des
Reichs vom 17. Aug. 1868 mit den Abänderungen durch die R. G. v. 7. Dez. 1873,
11. Juli 1884 u. 26. April 1893 geregelt. Die Aichungsämter haben nach
Maßgabe der Aichordnung für das deutsche Reich v. 27. Dez. 1884 5) die Maße,
Gewichte, Wagen, Meßgefäße und Werkzeuge, welche behufs der Verwendung im Ver-
kehr einer Stempelung bedürfen, nach Feststellung ihrer vorschriftsmäßigen Beschaffenheit
mit dem Beglaubigungsstempel zu versehen. Sie haben bezüglich der ihnen übertrage-
nen Arten von Aichung ihr Geschäft für jeden auszuüben, der sich an sie wendet.
Die Aichungsämter werden von den Gemeinden für alle oder einzelne Zweige des
Aichungswesens errichtet. Ein Aichungsamt besteht aus mindestens zwei Mitgliedern, einem
in der Regel aus den Mitgliedern des Gemeinderaths zu wählenden Borstand, welcher
die Leitung der Geschäfte und die Korrespondenz zu besorgen hat und die Kontrol-
normale unter Verschluß hat, auch die Rechnung führt, und einem von der Centralstelle
für H. u. G. geprüften Aichmeister. Ihre Errichtung oder Aufhebung bedarf der Ge-
nehmigung des Ministeriums des Innern und wird öffentlich bekannt gemacht"). Die
technische Aufsichtsbehörde für die Geschäftsführung der Aichungsämter ist die Central=
stelle f. Handel u. Gew. (s. u. J 99)7). Die im Verkehr befindlichen Maße, Ge-
wichte u. Wagen sind von Zeit zu Zeit unvermuthet zu revidiren, namentlich an Jahr-
und Wochenmärkten. Daneben haben die Oberämter allgemeine periodische Visitationen
in ihren Bezirken durch Sachverständige (Aichmeister) auf Kosten der Amtskorporation
vornehmen zu lassen. Auch sollen die Amtskorporationen alle drei Jahre einen tüchti-
gen Aichmeister in sämmtliche Gemeinden schicken, um die Maße, Gewichte und Wagen
der sich hierzu meldenden Gewerbetreibenden auf deren Antrag einer freiwilligen Prü-
fung kostenfrei zu unterwerfen.
Die Aufsicht über die Schankgefäße zur Verabreichung von Wein, Obstwein oder
1) S. R. Koch im W. d. d. V.R. II S. 143 f. u. Laband II, 161ff.
2) Vgl. auch bezügl. der österr. Vereinsthaler u. der Einthalerstücke deutschen Gepräges die
R. Gess. v. 20. April 1874, 6. Jan. 1876 u. 28. Febr. 1892, § 1.
3) Vgl. bezügl. des früheren Rechts: Mohl II, § 250 u. Mandry, C. R.Inh § 19 N. 19.
Die Reichswährung ist in Württemberg mit dem 1. Juli 1875 eingeführt worden, während die
Sitbebung der bisherigen Landeswährung erst mit dem 1. Januar 1876 eintrat (V.O. v. 22.
ept. 1875).
4) Und betreibt außerdem als Gewerbe die Fabrikation von Medaillen und die Herstellung
von Scheidgold und Scheidfilber für die Edelmetallindustrie.
5) Vgl. auch die Instr. v. 1. Mai 1885 nebst den Abänderungen v. 1887 (Nr. 4 d. R.G.Bl.),
1888 (R.G.Bl. Nr. 24), 1891 (R.G. Bl. Nr. 16 u. 31), 1892 (R.G.Bl. S. 686 ff. zu Nr. 33) und
die württemberg. V. O. betr. die technische Beaufsichtigung des Aichwesens v. 26. Jan.
1871 u. die Min. Verff. v. 20. Mai 1871, 6. Aug. 1872 u. 22. Juli 1875 sowie die Min Erl.
betr. die periodische Visitation der Maße, Gewichte u. Waagen v. 18. Mai 1874, 20. Nov. 1879,
22. Sept. 1882, 9. April u. 27. Dez. 1884 u. 6. Sept. 1890 (im A. Bl); dann das R. G. vom
20. Juli 1881 betr. die Bezeichnung des Raumgehalts der Schankgefäße u. die württem-
berg. Vollz. Verf. vom 27. Dez. 1883.
6) Vgl. bezügl. der Gewichte und Waagen in Apotheken die M.V. v. 29. Mai 1886, über
die Aichung chemischer Meßgeräthe die Bekanntm. v. 26. Juli 1893, Beil. I—VII zu Nr. 30 des R.G.Bl.;
über die Verwendung ausländischer Maße u. Gewichte s. M.V. v. 18. Jan. 1888 (A.Bl. S. 13).
7) S. die M.V. v. 1871, 8§ 1—19.