8 95. Die Pflege der Landwirthschaft und der Viehzucht. 331
Wo dies der Fall ist, sind auch die neu anzulegenden Wege, wenn sie der ganzen Mar—
kungsgenossenschaft oder wenigstens den Besitzern eines sog. Gewandes dienen, von der Ge—
meindekasse zu unterhalten. Die Gemeindebehörden haben darüber zu wachen, daß die
Feldwege in einem dem Bedürfniß entsprechenden Stand erhalten werden. Wird ein
Grundstück, zu welchem schon bisher ein Feldweg bestand oder auf Grund des Gesetzes
angelegt wird, vertheilt, so hat die Gemeindebehörde dafür zu sorgen, daß für jeden Eigen—
thümer sein Antheil ohne Benützung fremden Bodens vom Feldweg aus zugänglich ist.
Die zu diesem Zwecke nothwendigen Kosten haben die Eigenthümer der betheiligten Grund—
stücke zu tragen. Die Gemeindebehörden sind auch befugt, entbehrlich gewordene Feld—
wege zu beseitigen. Gegenseitige Trepprechte sind ohne Entschädigung aufzuheben, sobald
einer der Betheiligten es verlangt, einseitige können zu jeder Zeit gegen Entschädigung
im zwanzigfachen Betrag des Jahreswerths abgelöst werden. — Erhält ein Grundstück
durch eine Wegeanlage eine beständige Zufahrt, so fallen die ihm bisher zugestandenen
Ueberfahrtsrechte — auch privatrechtliche — hinweg. Die Bestellung neuer Trepp- und
Ueberfahrtsrechte ist regelmäßig unzulässig und ungiltig!).
b) Die Feldbereinigung. Diese findet statt nach dem Ges. v. 30. März 18862)
und besteht entweder blos in einer Aenderung oder Neuanlegung von ZJeldwegen behufs
besserer landwirthschaftlicher Benutzung des Grund und Bodens, oder aber in einer neuen
Feldeintheilung (sei es mit Verminderung der Parzellenzahl oder ohne solche), bei welcher
die in die Bereinigungsfläche fallenden Grundstücke sämmtlicher Theilnehmer nebst den
etwa beigezogenen Grundstücken nicht betheiligter Dritter zu einer Masse vereinigt werden,
aus welcher jedem Eigenthümer sein eingeworfenes Eigenthum zu ersetzen ist. Im einen
oder anderen Fall kann sich die Bereinigung entweder auf die ganze Markung oder nur
auf einen abgegrenzten Theil erstrecken. Zur Ausführung bedarf es, wenn sich nicht
sämmtliche betheiligten Grundeigenthümer darüber geeinigt, oder wenn berechtigte Dritte
ihre Zustimmung versagt haben, eines besonderen in dem angef. Gesetz näher geregel-
ten Administrativverfahrens. Erforderlich ist hierbei, daß, nachdem sich die Centralstelle
(s. u.) nach Vorlegung des Antrags durch das Oberamt für die Ausführbarkeit des Unter-
nehmens ausgesprochen, in der hierauf anberaumten Abstimmungstagfahrt a) mehr als
die Hälfte der betheiligten Grundeigenthümer zagestimmt hat bezw. soweit sie bis zum
Schluß der Verhandlung nicht erscheinen, als zustimmend anzusehen ist und daß b) mehr
als die Hälfte des Grundsteuerkapitals auf diese Mehrheit fällt. Gegen die Feststellung
des Ergebnisses findet Beschwerde an die Centralstelle statt, deren Bescheid unter Um-
ständen mit der Rechtsbeschwerde bei dem Verwaltungsgerichtshof angefochten werden
kann?).
Die Oberleitung der Feldbereinigungen besorgt nämlich die Zentralstelle für
die Landwirthschaft, Abtheilung für Feldbereinigung, ein Landeskollegium,
welches eine reine Verwaltungsbehörde ist und theils aus juristisch= oder administrativ-,
theils aus technisch gebildeten Mitgliedern zusammengesetzt ist. Zur Ausführung der
einzelnen Feldbereinigung wird dagegen eine Bollzugskommission gebildet, welche außer
dem Vorsitzenden aus einem Feldmesser und drei Landwirthen besteht. Der Vorsitzende und
der Feldmesser werden nach Anhörung des Gemeinderaths von der Centralstelle ernannt,
a 1) Sofern nicht etwa das Oberamt auf den Antrag des Gemeinderaths eine Ausnahme
gestattet.
2) Vgl. hierüber Rob. Gaupp, das württemberg. Feldbereinigungsgesetz 2c. Stuttg. 1888;
und die Vollz. V. v. 19. Juli 1886 (R.Bl. 111 bezw. 253) sowie die M. V. v. 22. Nov. 1887, betr.
die Berichtigung der Güter= u. U. Pfandbücher aus Anlaß von Feldbereinigungen.
3) A. a. O. Art. 12—16.